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Erfurter Herbstlese
Es lebe die Erfurter Herbstlese!
Mai 07 2020

Vorgestellt von Stefan Schwarz, Schriftsteller

Vladimir Nabokov „Pnin“

Vladimir Nabokov „Pnin“
Vladimir Nabokov „Pnin“

Es gibt so Bücher, die zu ihrem Erscheinen noch gar nicht die Gültigkeit entfalten können, die in ihnen steckt. „Pnin“ von Vladimir Nabokow, der sich als Erzähler und Figur gleichsam verdoppelt, ist so eins. Der Roman über den im Amerika der Fünfziger Jahre liebenswert verlorenen russischen Migranten Timofej Pnin beschert dem Leser eine Figur, die damals noch selten und skurril sein mochte, heute aber quasi das Straßenbild jeder größeren westlichen Metropole prägt. Ein älterer Mann aus fremden Landen, der noch Kopf und Energie genug hat, um sich die Sprache seines Gastlandes verkehrsfähig zu machen, aber nicht mehr jung genug ist, um dessen Kultur so ganz zu verstoffwechseln.

Und so ist das Leben des Dozenten Timofej Pnin, der an einer mittelmäßigen Ostküsten-Universität einer überschaubaren Zahl von Studenten die russische Literatur nahezubringen versucht, nichts als eine Geisterbahnfahrt durch technische Tücken und seltsame Kommunikationen. Entwurzelter kann man gar nicht mehr sein als dieser Gelehrte. Sein Geburtsland, das Russland der Zaren, gibt es nicht mehr. Seine Eltern, seine Jugendliebe hat er in den Bloodlands des Weltbürgerkrieges verloren. Seine Frau hat ihn wegen eines Anderen verlassen, was sie nicht abhält, Pnin den Unterhalt für einen nicht von ihm stammenden Sohn abzuverlangen.

Doch Pnin verweigert sich konsequent jedem tragischen Selbstbewusstsein. Wie er versucht, offenherzig und gesellschaftsfähig zu sein, und gleichzeitig sich eine ihm gemäße Behaglichkeit einzurichten, das ist von so großer, überzeitlicher Komik, festgehalten in dem elegantesten Stil, in dem jemals die migrantische Unbeholfenheit beschrieben wurde. Vielleicht nicht unbedingt was für den Strand, aber sicher etwas für den Ohrensessel und ein Glas Rotwein.

Stefan Schwarz ist Schriftsteller, Journalist und Drehbuchautor
Ein aktuelles Gespräch mit ihm ist hier zu finden.

 

 

Vladimir Nabokov „Pnin“
Rowohlt Verlag, 299 Seiten, Taschenbuch
ISBN: 978-3499225444
12,00 Euro

 

Das Buch kann unter diesem Link bei unserem langjährigen
Partner Hugendubel erworben werden.

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