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Erfurter Herbstlese
Es lebe die Erfurter Herbstlese!
April 25 2015

Lydia Kuhnt überzeugte die ausverkaufte Mehlhose mit ihren anrührenden Erinnerungen

89-Jährige gewinnt 1. Erfurter Diary Slam

Mit ihren Tagebüchern aus den Jahren 1941 bis 1947 überzeugte Lydia Kuhnt die Jury und das Publikum vollends.
Mit ihren Tagebüchern aus den Jahren 1941 bis 1947 überzeugte Lydia Kuhnt die Jury und das Publikum vollends.

Eine proppenvolle Mehlhose erlebte am Freitag den ersten Erfurter Diary Slam. Neun Mutige, darunter zwei Männer, kämpften mit skurrilen bis peinlichen, aber auch berührenden und intimen Einblicken in längst geschlossene Tagebücher um die Gunst der mehr als 130 Besucher im Klub. Die Premiere des speziellen Wettbewerbs sah eine unerwartete Siegerin. Lydia Kuhnt war mit fast 90 Jahren nicht nur die Älteste unter den Vortragenden, sie holte sich am Ende auch den Sieg.

 

Für die Herbstlese hatte Vivien Schötz den Abend vorbereitet. Über den Erfolg ihres Projektes im Rahmen des Freiwilligen Sozialen Jahres Kultur sprachen wir mit der 18-Jährigen Erfurterin.

 

Vivien, froh, dass der Abend vorbei ist?

Froh klingt so dramatisch, wie Abi-Prüfung oder sonst eine etwas unangenehme Sache. Wenn, dann bin ich froh, dass der Abend so gut vom Publikum angenommen wurde, dass alles gut geklappt hat.

Hattest du dir etwa Sorgen gemacht.

Das ist ja wohl normal. Erstens hab ich noch nie so etwas vorher organisiert, und zweitens auch sonst noch kein Mensch in Thüringen. Da ist man schon ein wenig nervös.

Die Nervosität war dir höchstens zur Begrüßung anzumerken. Spätestens, als du aus deinem eigenen Tagebuch vorgelesen hast, schien der Spaß schon zu überwiegen. Oder bist du nur eine gute Schauspielerin?

Das stimmt schon, die Aufregung hat sich dann schnell gelegt . . .

 . . . obwohl dein Text schon peinlich war, oder?

Die Frage ist doch, wer war nicht mit elf oder zwölf peinlich und hat komische Sachen aufgeschrieben und die Jungs aus der Zehnten total süß gefunden.

Na ich nicht.

Auch nicht für die Mädels geschwärmt?

Bitte, die Fragen stelle hier ich. Aber anderes Thema. Wie haben denn deine Freunde im Publikum auf die Enthüllungen reagiert?

Eine Freundin, die auch im Tagebuch vorkommt, war total überrascht und hat Tränen gelacht.

Die meisten der neun Teilnehmer waren ja von weiter her angereist und konnten nicht auf die Unterstützung ihres Fanblocks hoffen. Wie hast du denn das Teilnehmerfeld zusammenbekommen?

Zum einen war mir da Andreas in der Au, vielen vom Highslammer ja schon als Moderator Aida bekannt, eine sehr große Hilfe. Er sorgte für das halbe Starterfeld. Die andere Hälfte hatte vom ersten Diary Slam in Erfurt aus der Zeitung oder über unsere Webseite erfahren.

Konnten dich die Teilnehmer überzeugen?

Alle hatten sehr eigene Texte. Es ging nicht nur bei allen um Peinlichkeiten oder um die erste Liebe; die Texte handelten auch von Fußball oder den Merkwürdigkeiten des WG-Lebens bis hin zu anrührenden Geschichten wie ein Brief an die verstorbene Oma oder die schlimmen Erfahrungen aus dem Krieg oder der Vertreibung aus der Heimat.

Am Ende setzten sich die etwas schwereren Themen durch . . .

. . . aber doch auch völlig verdient. Mich haben die Texte und Gedichte von Lydia Kuhnt sehr bewegt, auch ihre Worte, wie schön sie es findet, uns alle so fröhlich zu sehen, dass wir nicht in so schrecklichen Zeiten leben müssen wie sie als junge Frau.

Es sah fast so aus, als müsste auch der stets lustige Herr Aida bei der Siegerehrung ein Tränchen verdrücken . . .

. . . da war er bestimmt nicht allein damit. Viele im Publikum waren sehr bewegt.

Wie geht es jetzt weiter?

Das liegt jetzt an der Herbstlese. Ich würde mich sehr freuen, wenn meine Nachfolgerin oder mein Nachfolger im FSJ Kultur sich des Diary Slams annehmen würden. Auf meine Frage an das Publikum, wer noch so alles Tagebuch schreibt oder geschrieben hat, meldeten sich doch ein paar Mutige. Ausreichend Teilnehmer für eine Fortsetzung sollte es also geben.

Und mit dir?

Bis Mitte Mai läuft noch die Frühlingslese. Nach dem Sommer geht es dann zum Studium – etwas weiter weg von Erfurt in Richtung Küste.

Na dann man tau.

Danke.

 

Das Gespräch führte Dirk Löhr

1. Erfurter Diary Slam in der Mehlhose

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