Das Kultur: Haus Dacheröden zeigt Fotografien von Holger John
Der Chronist der Herbstlese
Die Erfurter Herbstlese steckt gerade in ihrer 25. Saison. Für die Organisatoren vom gleichnamigen Verein ein schöner Erfolg, den auch ein gewisses Virus mit all seinen Unannehmlichkeiten am Ende nicht schmälern kann. Schon lange war geplant, das kleine Jubiläum auch zu feiern – mit einer Ausstellung der besten Fotos der Herbstlese.
Allerdings fällt diese Exposition anders aus, als ursprünglich vorgesehen. Der Tod seines Festival-Fotografen Holger John im Frühjahr bewegte den Verein dazu, sich ganz auf Aufnahmen von ihm zu konzentrieren. Seit 2010 hatte er in Absprache mit Herbstlese-Gründer Michael John – trotz der Namensgleichheit ist kein Grad der Verwandtschaft bekannt – mehr und mehr Lesungen mit seiner Kamera begleitet.
Dieses Engagement setzte sich auch nach Michael Johns plötzlichem Tod 2011 fort. Holger John wurde zum gewissenhaften Chronisten der Herbstlese. Mal mit der ganz großen Optik, mal eher mit dem Fischauge und später auch mit seiner Drohne, lichtete er ab, was sich an Größen der Literatur in Erfurt zeigte. Walser, Müller, Schwarz & Co., dazu die vielen Stars und Sternchen, die fremden Texten ihre Stimme liehen oder sich selbst als Schreibende an einer Tastatur versuchten – alle landeten vor seiner Kamera.
Die Bilder waren für den journalistischen Alltag gedacht. Nicht wenige davon erschienen in den Thüringer Gazetten, viele schafften es in Blätter oder Webseiten weitab vom Freistaat. Viele Aufnahmen waren sorgfältig gestellt, oft gelangen ihm auch echte Schnappschüsse. Und doch schaffte es Holger John, zeitlose Kunst über die schnellen Bedürfnisse zu schaffen. Seine Fotografien atmen die Lust an einer Leidenschaft, der er jenseits der Herbstlese oft mit schmalem Salär, dafür aber mit stetig wachsender Anerkennung nachging. Eine Profession, die er liebte.
Seine Leidenschaft beschränkte sich nicht auf die Herbstlese, der er im Zweifel immer den Vorrang einräumte. Holger John gab an den Rändern vieler Spielfelder sein Bestes, egal, ob seine Motive in der Kreisklasse kickten oder für die Bundesliga zum Freiwurf antraten. Dazu war er über Jahre bei der Jenaer Kultur Arena fest gebucht. Nicht zu vergessen seine Einsätze im Schlamm, Dreck und Motorengedröhn des Teutschenthaler Kessels.
Doch er suchte auch die Ruhe. Fündig wurde Holger John auf der sprichwörtlichen Fotopirsch, bei der Kamerajagd nach Schmetterlingen oder Vögeln. Am liebsten stiefelte er dazu in Schottland los, wohl wissend, dass am Ende aller Mühen vielleicht nicht immer eine sensationelle Aufnahme stehen konnte, aber ganz gewiss ein feiner Single Malt auf ihn wartete.
Auf all dies konnte und wollte die Herbstlese bei der Planung der Exposition nicht verzichten. Kuratorin Marianne Conrad erweiterte das Spektrum der nun im Kultur: Haus Dacheröden gezeigten Fotografien von Holger John um Aufnahmen aus Halle, vom Motocross und von Konzerten. Ohne Zweifel, ihr ist eine würdige Auswahl der Arbeiten des „freundlichen Riesen“, wie es im Herbstlese-Nachruf so treffend hieß, gelungen.
Die Ausstellung ist vom 12. November bis zum 15. Januar 2022 in der Kleinen und der Großen Galerie im Kultur: Haus Dacheröden zu sehen. Der Eintritt ist frei.
Die Vernissage ist am 11. November um 19 Uhr geplant. Eine Anmeldung unter kontakt@dacheroeden.de oder unter 0361 / 644 123 75 wird erbeten.