Matthias Nawrat: Die vielen Tode unseres Opas Jurek

Matthias Nawrat gewann im Herbst 2012 beim „Debütantensalon“ den Debütpreis unseres Festivals. Nun, zwei Bücher und mehrere Literaturpreise später, führt er uns mit einem Familienroman in das Land seiner Herkunft, nach Polen.

Viele Tode musste Opa Jurek sterben: im von den Deutschen besetzten Warschau; in der „weltberühmten Ortschaft“ Oświęcim, in der er den Todeshunger kennenlernt. In Opole, wo er nach dem Krieg vor den leeren Regalen seines Lebensmittelgeschäfts Nr. 6 noch immer von Delikatessen träumt. Und auch, als er schon längst mit Oma Zofia verheiratet ist, ihre Tochter sich in den Sohn regimekritischer Eltern verliebt und er sich, scheinbar unschuldig, in der Todesdunkelheit einer Zelle wiederfindet.

Matthias Nawrats herzzerreißend traurige, schaurig-komische Familiengeschichte verbindet Alltag und Politik, Straßenwitz und Kriegserfahrung, Autobiographisches und Fiktion zu etwas, das stärker nachwirkt als jede romanhafte Biographie: dem Schelmenroman eines polnischen Großvaters, der Geschichten erzählt, die gerade im Begriff sind, Geschichte zu werden. Ein lebendiger, an Zwischentönen reicher, aber auch abgründiger Roman über eine Familie vor dem Hintergrund der Geschichte Polens und Europas im 20. Jahrhundert.