Ein, zwei, drei, vier
Erst gab er den Becker Stefan, dann den Deininger. Die meisten Deutschen verbinden den Namen Gregor Weber mit seinem langjährigen Engagement als Schauspieler. Auch in Erfurt, in der vollen Mehlhose, reicht es, an die Familie Heinz Becker zu erinnern, schon kichert das halbe Publikum.
Dabei hat Gregor Weber mit der Schauspielerei, sagen wir ziemlich, abgeschlossen. Spätestens seit dem unschönen Ende seiner Zusammenarbeit mit dem Saarländischen Rundfunk und der Frühestpensionierung seines Kommissars Deininger sucht er nach anderer, wohl auch sinnvollerer Beschäftigung. Nach einer Lehre als Koch fand er die in der Schriftstellerei.
„Kochen ist Krieg“, hieß sein erstes Buch, vom Verlag inzwischen als Bestseller beworben. Darin schildert er seine Erfahrungen in den Küchen der Republik – vom Drei-Sterne-Restaurant bis zur Kombüse auf der Fregatte Mecklenburg-Vorpommern. Schon damals, vor drei Jahren, zeigte sich bei ihm ein Interesse am Militär, das stetig zunehmen sollte.
Schon in seinem zweiten Werk, dem Kriminalroman „Feindberührung“ mit Ermittler Kurt Grewe, wird der Trend zum Programm: Die Handlung rankt sich um einen Soldaten, einen Afghanistan-Rückkehrer. Da scheint es fast folgerichtig, dass der Reservist Weber selbst noch einmal bei der Truppe anheuerte. Nach einem Lehrgang diente er diesen Sommer drei Monate als Presse-Feldwebel im Feldlager Kundus. Für den Frühling hat er bereits ein Sachbuch über den deutschen Einsatz in Afghanistan avisiert. Es wird sein viertes Buch sein.
Und das dritte? Das wurde noch vor seiner Reise an den Hindukusch fertig. Es ist Kommissar Grewes zweiter Fall, der dramatisch beginnt. Zwei Polizisten werden erschossen, als sie einen Wagen stoppen. Kurz darauf meldet eine anonyme Anruferin die tödlichen Schüsse. Trotz aller Bemühungen gelingt es Grewe und seine Kollegen lange nicht, den Tätern auf die Spur zu kommen.
Der Leser kennt sie. Gregor Weber entwickelt eine parallele Geschichte, die selbst aus zwei, drei Handlungssträngen besteht und weit in die Vergangenheit reicht. Der Geheimdienst hat seine Finger im Spiel, er ist mehr Akteur denn Beobachter. So wie damals, als der Linksextremismus die Schlagzeilen beherrschte. Jetzt sind es Radikale von rechts außen.
Der Roman nimmt, trotz seines blutigen Anfangs, nur mäßig Fahrt auf. Erst zum Schluss hin, dem unvermeidlichen Showdown entgegen, wird es richtig spannend. Das liegt in der Natur der Sache; Krimis, bei denen der Leser schon von Beginn an die Täter kennt, sind nicht jedermanns Geschmack. Zudem ist es nicht leicht, die richtigen Passagen aus ihnen für eine Lesung auszuwählen. Wer das Buch nicht kennt, hat es schwer, der unterschiedlichen Handlungen zu folgen.
Dies mag auch ein der Grund dafür sein, dass nach 50 Minuten kein Gespräch zwischen Autor und Publikum zustande kommt. Erst nachdem Gregor Weber einige weitere Passagen vorgetragen hat – als Schauspieler gelingt ihm das mit der gebotenen Dramatik – gehen einige Hände hoch, die eine Frage signalisieren. Sie drehen sich zum Beispiel darum, ob die Erfahrungen als Tatort-Kommissar beim Schreiben hilfreich sind (sie sind es), und um die Erfahrungen des Autors in Afghanistan.
Ganz kommt dieses Buch ohne das Land in Mittelasien eben auch nicht aus. Einer der Kollegen Grewes, dessen Sohn in Afghanistan stationiert ist, hat lange keine Nachricht aus dem Krisengebiet. Zum Ende des Romans meldet sich der Sohn gesund beim Vater. Es ist einer der wenigen Geschichten, die im Roman gut ausgehen.