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Erfurter Herbstlese
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Okt. 12 2016

Der Herbstlese-Verein übernimmt das historische Haus Dacheröden

„Wir haben großen Respekt vor dieser Aufgabe“

Anfang Oktober war Gregor Weber mit seinem neuen Thriller "Asphaltseele" mit der Herbstlese zu Gast im Haus Dacheröden.
Anfang Oktober war Gregor Weber mit seinem neuen Thriller "Asphaltseele" mit der Herbstlese zu Gast im Haus Dacheröden.

Aus dem Haus Dache­röden soll ein Tempel der Literatur werden. Der Herbstlese-Verein hat am Wochenende mehrheitlich beschlossen, einem mit der Stadt ausgehandelten Betreiber-Vertrag zuzustimmen, bestätigte gestern der Vereinschef Dirk Löhr. Der Erfurter Stadtrat hatte bereits im September seine Zustimmung erteilt.

Der Verein plant, das bislang von der Stadt betriebene Haus schrittweise zu neuem Leben zu erwecken. Neben Lesungen sind Ausstellungen, Konzerte und Gesprächsrunden geplant.

Der Vertrag soll am 1. Januar in Kraft treten und sieht vor, dass der Verein einen jährlichen Zuschuss von 168 000 Euro erhält. Das ist weniger Geld, als die Stadt bisher für den Betrieb des Hauses ausgegeben hat. „Die Summe geht nicht zu Lasten der anderen Kulturinstitutionen“, betont Löhr deshalb. „Die Stadt spart sogar Geld.“

Das Haus verfügt über zwei Säle mit je 100 Plätzen. Ein Musikzimmer und ein „Blauer Salon“, ein Café mit drei weiteren Salons und einige kleinere Räume sind ebenfalls vorhanden. „Das Spektrum der Räume soll sich auch im Spektrum der Angebote wiederfinden“, so Löhr.

Während die Säle für Veranstaltungen genutzt werden, soll das barrierefrei erreichbare erste Obergeschoss zum festen Anlaufpunkt für Bücherfreunde werden. Die Geschäftsstelle des Vereins, Präsentationen kleinerer Verlage und Ausstellungen sollen täglich erreichbar sein.

Löhr kündigte zudem ein „Angebot zur Buchumverteilung“ an, bei dem es sich aber nicht um ein Büchergeschäft handelt. Es gehe vielmehr „um Bücher, die ein neues Zuhause“ suchten.

Das Café, das sich ebenfalls auf dieser Etage befindet, werde Besuchern eine Tasse Kaffee oder Tee bieten. Eine eigentliche gastronomische Nutzung ist kurzfristig nicht geplant. „Wir wollen erst einmal Leben in das Haus bringen“, meint Löhr. Das Obergeschoss wird weiter von der „Stiftung Goldener Spatz“ und von der Kulturdirektion genutzt. Zudem bezieht die Herbstlese drei Büroräume.

Wie bisher können Räume von Firmen, Organisationen und Verbänden gemietet werden. Der Verein hofft, das Potenzial durch eine bessere Vermarktung und eine eigene Internetpräsenz noch stärker auszunutzen. Die Einnahmen fließen in den Betrieb des Hauses. „Langfristig sollte sich das Haus selbst finanzieren“, sagt Löhr. Das sei aber „echte Zukunftsmusik“.

Auf die Veranstaltungen der Herbstlese und der Frühjahrslese hat der Betreibervertrag nur wenig Einfluss. Bereits seit einiger Zeit finden Lesungen der beiden populären Reihen in dem Haus am Anger statt. Von den zusammen 100 Veranstaltungen im Jahr würden künftig rund 20 im Haus Dacheröden verortet. „Die anderen Veranstaltungsorte bleiben“, sagt Löhr.

Allerdings sollen im Haus Dacheröden zusätzliche Lesungen stattfinden. Dabei will der Verein auch der Literatur und den Autoren einen Raum geben, die nicht so sehr im Blickpunkt stehen und eher eine kleinere Zielgruppe ansprechen.

Einen weiteren Schwerpunkt sieht Löhr in Gesprächsrunden: „Wir wollen die Salonkultur wieder aufleben lassen, die das Haus einmal geprägt hat.“ Karl Friedrich von Dacheröden hatte das Haus im 18.Jahrhundert zum Mittelpunkt des geistigen Lebens in Erfurt gemacht. Goethe, Schiller und die Humboldt-Brüder waren Gäste der Salons.

Als Beispiel für die neuen Salons nannte Löhr einen „Dialog Erfurt – Weimar“. Er soll die Beziehung der Nachbarstädte in lockerer Atmosphäre und auf vielen Ebenen – vom Flughafen über das Theater bis zur gemeinsamen Geschichte – erörtern. „Alles, außer Sport!“, sagt Löhr.

Die Idee eines Literaturhauses geht auch auf den 2011 verstorbenen Mitbegründer der Herbstlese, Michael John, zurück. „Es war schon immer ein Ziel, unser Nomadentum zu beenden“, sagt Löhr.

Die Suche nach einer Immobilie sei mit der Suche der Stadt nach einem Betreiber für das historische Haus am alten Angerbrunnen zusammengefallen. Deshalb habe sich der Verein am Interessenbekundungsverfahren beteiligt, aus dem er als einziger ernsthafter Interessent hervorging.

Die Zustimmung zum Vertrag sei im Verein nach intensiven Diskussionen und nicht einstimmig erfolgt. „Das Haus Dache­röden zu betreiben bedeutet mehr, als nur ab und an zu Lesungen einzuladen“, sagt Löhr. „Wir haben großen Respekt vor dieser Aufgabe.“

Der Artikel von Holger Wetzel erschien am 11. Oktober 2016 in der Lokalausgabe Erfurt der „Thüringer Allgemeine“.

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