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Erfurter Herbstlese
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Okt. 05 2017

Deutschland-Premiere in Erfurt - Der Südafrikaner Deon Meyer stellt seinen neuen Roman „Fever“ im Haus Dacheröden vor

Als das Fieber kam

Der erste Weg nach seiner Landung in Frankfurt führte den südafrikanischen Schriftsteller Deon Meyer zur Herbstlese nach Erfurt
Der erste Weg nach seiner Landung in Frankfurt führte den südafrikanischen Schriftsteller Deon Meyer zur Herbstlese nach Erfurt

Von Sigurd Schwager

Krimis gehören zum Herbst wie der Regen, der Nebel oder der Wind - und sie dürfen natürlich auch nicht zur Erfurter Herbstlese fehlen. Unter den Experten für Hochspannung, die die Veranstalter für den Herbst 2017 eingeladen haben, sind zwei weltweit bekannte Schriftsteller: die Schottin Val McDermid und der Südafrikaner Deon Meyer. Beider Werke wurden inzwischen in mehr als 25 Sprachen übersetzt und verfilmt.

Deon Meyers Auftritt im gut gefüllten Erfurter Haus Dacheröden ist eine Deutschland-Premiere, denn Südafrikas erfolgreichster Thrillerautor stellt dem hiesigen Publikum erstmals seinen neuen Roman „Fever“ vor. Schon allein wie der 59jährige das tut, so wach und freundlich, so engagiert und geduldig, beeindruckt die Zuhörer ungemein. Haben sie doch zuvor erfahren, dass er erst am Tag der Erfurter Lesung aus Kapstadt kommend via Paris in Deutschland gelandet und also seit mehr als 24 Stunden unterwegs ist.

Der durchweg muntere Abend bietet die bekömmliche Melange aus einem Gespräch auf Englisch mit Deon Meyer, welches Rütten&Loening-Verlagschef Reinhard Rohn führt und übersetzt sowie einer deutschsprachigen Lesung von Ryo Takeda. Der Autor, der alle Romane in seiner Muttersprache Afrikaans schreibt, trägt in selbiger eine kurze Buch-Passage vor. Das Erfurter Publikum, das kein einziges Wort versteht, lauscht dennoch gebannt und keine Sekunde gelangweilt dem Sprechgesang des weitgereisten Herbstlese-Gastes.

„Fever“ ist kein klassischer Kriminalroman, sondern eine Art Endzeitthriller, ist beklemmende Zukunftsvision, bewegende Vater-Sohn-Beziehung und spannende Kriminalgeschichte in einem. Das Buch handelt in Südafrika und in einer Welt, in der ein Fieber binnen kurzer Zeit 95 Prozent der Menschen getötet hat und die Verbliebenen im Zustand allgemeiner Gesetzlosigkeit zu überleben versuchen. Der junge Nicolaas Storm, die Hauptfigur des Romans, und sein Vater Willem mühen sich um einen Weg aus der schieren Ausweglosigkeit. Als schließlich eine Zukunft möglich scheint, passiert die Katastrophe: Der Vater wird ermordet...

Drei Szenen aus Don Meyers Buch trägt Ryo Takeda einprägsam vor. Zunächst aus „Das Jahr des Hundes“, dem Anfangskapitel. „20. März. Am deutlichsten erinnern wir uns an die Augenblicke der Angst, des Verlustes und der Erniedrigung...“ Erzählt wird, wie Vater und Sohn nur knapp den Angriff einer hungrigen und blutdürstigen Hundemeute überstehen. Es folgt eine weitere dramatische Geschichte vom 3. Mai. Die tödliche Gefahr geht jetzt von räuberischen Menschen aus. Und der dritte Vorlese-Teil bringt den Tod.

„Fever“ ein Nachdenken über das Menschsein? Ein literarischer Kommentar zum Zustand seines Heimatlandes und der Welt? Ja, das sei für ihn ein ganz besonderer Roman, sagt Deon Meyer im Gespräch im Haus Dacheröden und bekräftigt damit die Worte, mit denen er im Klappentext zitiert wird: „Einen Roman zu schreiben ist wie eine Reise in ein unbekanntes Land. Und die Entdeckungen, die man während dieser Reise macht - über die eigene Welt und sich selbst -, formen und verändern nicht nur die Geschichte, sondern auch den Autor. Der Grund, warum dieses Buch so besonders für mich ist, liegt darin, wie es mich und mein Schreiben verändert hat.“

Doch Deon Meyer bohrt an diesem Abend nicht nur große Welten-Bretter. Er wirbt auch leidenschaftlich, das Publikum möge seine Heimat, das schönste Land auf Erden, besuchen. Er erzählt, dass aus „Fever“ vielleicht eine Serie wird, denn die Macher von „Downton Abbey“ haben sich die Rechte gesichert. Und er erfreut seine Fangemeinde: Nein, um den Ermittler Bennie Griessel, Meyers berühmteste Romanfigur, muss sich keiner Sorgen machen. Bennie ist nicht am Fieber gestorben, Bennie lebt, sagt der Autor. Fortsetzung folgt.

Die letzte Frage gilt dem Fußball, genauer dem Bundesliga-Fußball, der tatsächlich einen Platz in „Fever“ gefunden hat, obwohl der Autor den „richtigen Männersport“ Rugby liebt. Irgendwo in der Mitte des Buches steht nämlich geschrieben: „Ich war Dortmund-Fan... Es gibt keine Gerechtigkeit im Universum. Als das Fieber kam, stand Dortmund auf dem zweiten Tabellenplatz, sie hätten Meister werden können. Thomas Tuchel war ihr Trainer. Ein verdammtes Genie...“

Schuld an dieser kleinen Eloge, berichtet Deon Meyer, sei Dietmar Bär. Der große Schauspieler und noch größere BVB-Fan habe ihm und seinem Sohn eine BVB-Mütze geschenkt.

Der finale Beifall für Deon Meyer und die beiden Herren an seiner Seite ist lang und herzlich. Herbstlese-Programmchefin Monika Rettig hofft indes bereits auf einen dritten Erfurt-Besuch von Deon Meyer, dann mit seinem neuen Bennie-Griessel-Krimi. Die Chancen stehen gut.

Deon Meyer im Kultur: Haus Dacheröden

Fotos: Holger John

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