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Erfurter Herbstlese
Es lebe die Erfurter Herbstlese!
April 28 2020

Vorgestellt von Reinhard Troschka, Kartograph

Daniel Schwartz "While the Fires Burn"

Daniel Schwartz "While the Fires Burn"
Daniel Schwartz "While the Fires Burn"

„Da stimmt was nicht. [...] Das ist doch kein Berg mehr. Das ist doch ein Tier. Eines, dem man Fell und Haut abgezogen hat. Sein Skelett klemmt jetzt im Felsen“, berichtet Daniel Schwartz, Schweizer Künstler aus Solothurn und damit nah an den Transformationen. Denn auch in seiner Heimat sehen die Gletscher „nicht mehr alle frisch aus“, fern der bläulich schimmernden Postkartenidylle.

Ein jeder kann sehen, ob Tourist, von mit modernen Aufstiegsanlagen erschlossenen Aussichtspunkten, oder Hochtourengeher, dass eine erdgeschichtliche Periode zu Ende geht. Dafür braucht es kein ausgeprägtes Verständnis von Geologie oder Klimatologie. Oft sind sie grau, scheinen schmutzig durch Geröll und Schlamm, irgendwie ausgetrocknet und verbraucht. Meist bleiben versprengte Reste, Trümmern gleich, zur ursprünglichen imposanten Ausdehnung. Inzwischen schmelzen sie nicht mehr, „sie kollabieren“, meint Schwartz.

Er muss es wissen, denn seit über 10 Jahren arbeitet er an seinem Vorhaben „Gletscher-Odyssee" auf vier Kontinenten. Das Projekt ist eine künstlerische Dokumentation über den Wandel. Mit dem Bildband "While the Fires Burn" gewährt er dem interessierten Betrachter nun Einblick in sein Archiv. Dabei gelingt ihm, dem digitalen Abstinenzler, analog und nie mit Teleobjektiv, eine beeindruckende Naturinszenierung in für ihn typischen Schwarz-Weiß-Aufnahmen.

Stets bleibt Schwartz seinem Prinzip „Fotografie ist Belichtung“ im Spiel mit Licht und Schatten in detaillierten Grautönen treu. Textliche Anmerkungen bleiben spärlich und beschränken sich meist auf Ortsangaben. Dem kundigen Leser erschließt sich die weitergehende Wirkung zwischen Geologie und Geschichte beim Betrachten der Aufnahmen. Die endliche Ressource Schmelzwasser und ihre Bedeutung für die davon abhängige Ökonomie, sowie die Verwerfungen bei deren perspektivischem Ausbleiben.

Das liegt auch im Interesse von Daniel Schwartz, betrachtet er doch seine Kunst als „ein Medium, das immer auch politisch war“. Deshalb hat er „die Kunst in die Pflicht genommen“. Seine Aufnahmen sollen „nachhaltig wirken und eine Erkenntnis vermitteln“. Das gelingt überzeugend schwarz auf weiß und hält, wie der mit dem Fotografen befreundete Navid Kermani schreibt, „einen Moment fest, an dem ein Geschöpf alle Schöpfung zerschlägt“.

Vorgestellt von Reinhard Troschka, Kartograph

 

 

Daniel Schwartz "While the Fires Burn. A Glacier Odyssey"
Thames & Hudson Verlag, 232 Seiten, englische, gebundene Ausgabe
ISBN: 978-0-500-54477-8
32,99 Euro

 

 

 

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