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Erfurter Herbstlese
Es lebe die Erfurter Herbstlese!
Nov. 20 2013

Das Lied der Berge

Wenn Matthias Politycki von Mittelasien erzählt, ist zu spüren, wie sehr die Region und ihre Menschen den Schriftsteller faszinieren.
Wenn Matthias Politycki von Mittelasien erzählt, ist zu spüren, wie sehr die Region und ihre Menschen den Schriftsteller faszinieren.

Samarkand, die Perle an der Seidenstraße. 1987 reist Matthias Politycki zum ersten Mal nach Mittelasien. Es ist die Zeit Gorbatschows, Glasnost und Perestroika sind die Vokabeln der Saison. In Usbekistan spürt der Deutsche, dass sich etwas im Vielvölkerstaat Sowjetunion zusammenbraut. Lange geht das nicht mehr gut, denkt er. Bald schmeißen die Leute hier die Russen raus. Zurück in der Heimat will er ein Buch schreiben, so beeindruckt ist er. Der Verlag bremst: Lass dir Zeit.

Nun ist der Roman fertig. Matthias Politycki stellt ihn bei Hugendubel vor.

26 Jahre sind eine lange Zeit. Zu lange vielleicht, um das Buch historisch genau zu fixieren. Der Leser wird zum Zeitreisenden; er erlebt den sagenhaften Eroberer Timur, er taucht mit dem Haupthelden Alexander Kaufner in dessen DDR-Vergangenheit ein und wird in eine wenig verheißungsvolle Zukunft kapituliert: 2027 ist der Westen in Europa fast am Ende, unterlegen den panslawischen Truppen und denen des Kalifen von Bagdad. Paris ist gefallen, ein Wunder die letzte Hoffnung für die, die hinter der Alster, dem aktuellen Frontverlauf, ausharren.

Kaufner soll dieses Wunder in Gang setzten. Er wird ausgeschickt, die Knochen dieses Timurs zu finden, die irgendwo in den Bergen versteckt sein müssen. Sind erst die Gebeine ihres Urahns weg, so das Kalkül, schwindet bald auch der Kampfesmut der Gegner. Alexander Kaufner bricht zu einer irrwitzigen Reise auf. Hinauf in die steinige Einöde über Samarkand, wo Schafköttel den mühsamen Weg weisen, wo die Berge zu steil, die Schluchten zu tief und die Felsbrocken zu groß sind. Es ist ein einziges Leiden am Berg.

Matthias Politycki reist immer wieder in die Region. Das merkt man seiner Sprache, seiner Art zu erzählen an. Fast ist es so, dass die Wort hin und her wiegen, wie die Schritte der Kundigen, die wissen, wie man die brutale Höhe bezwingt. Es stellt sich beim Lesen eine Melodie ein, exotisch und dennoch nicht unbekannt: Politycki singt das Lied der Berge.

Sieht so die Zukunft aus? War das die Vergangenheit? Polityckis Tableau lässt weiten Raum für Gedankenspiele. Was wäre wenn? Was, wenn sich Geschichte wiederholt? Oder alles anders kommt?

Wer sich auf diese Fragen einlässt, hat ein langes Lesevergnügen vor sich.

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