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Erfurter Herbstlese
Es lebe die Erfurter Herbstlese!
Nov. 24 2016

Premiere in der Erfurter Kinder- und Jugendbibliothek

Das Literarisches Sextett gibt sein Debüt

Sechs junge Leser und eine Moderatorin - fertig ist das Literarische Sextett der Kinder- und Jugendbibliothek Erfurt.
Sechs junge Leser und eine Moderatorin - fertig ist das Literarische Sextett der Kinder- und Jugendbibliothek Erfurt.

Von Linnea Müller (*)

Was haben der Mars, die Anatomie des Menschen, Internate und die erste große Liebe gemeinsam? Sie wissen es nicht? Alles sind Themen, die im literarischen Sextett des Leseclubs der Kinder- und Jugendbibliothek heiß diskutiert werden. Die sechs jungen Leute geben eine kleine Kostprobe aus ihrer aktuellen Lektüre und lesen ein Stück daraus vor. Dann beginnt die spannende Phase: Wem gefiel das Buch, und warum? Wer hätte das Buch lieber nicht gelesen?

Geschickt leitet die Moderatorin Anna Reidenbach das Gespräch. Jeder soll zu Wort kommen, die Chance erhalten, seine eigene Meinung vorzutragen und – wenn nötig – sie auch zu verteidigen. Als erstes beginnt Timo Reidenbach (15 Jahre) mit der Vorstellung des Überlebenskampfbuches „Der Marsianer“ von Andy Weir. Der Protagonist ringt auf dem Roten Planeten um sein Überleben. Timo und sein Buch müssen sich nun der Kritik stellen.

Die vielen Fachvokabeln der Nasa sind dabei ein wichtiger Punkt. Zu anstrengend sei es, die ganzen Fachbegriffe nachzuschlagen und so stolpere man beim Lesen immer wieder über Abkürzungen, die den Lesespaß mindern, lautet die Kritik. Auch die Spannung des Buches wird bemängelt. Fest steht, dies ist das einzige Buch an diesem Nachmittag, das keine Liebesgeschichte enthält.

Weiter geht es mit Buch Nummer zwei, das von Henriette Bolle (13 Jahre) vorgestellt wird. Dabei handelt es sich um „Eden Academy“ von Lauren Miller. Rory, die Hauptheldin, lebt in einer Welt, in der alle süchtig sind nach einer App. Diese App kontrolliert alles. Doch in der „Eden-Academy“ lernt Rory, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Plötzlich sind sich alle einig. Zwar lässt sich über den Schreibstil streiten, aber die Absicht, die das Buch verfolgt, gefällt den sechs eifrigen Lesern.

„Das Buch bringt einen zum Nachdenken darüber, wie viel Zeit man mit seinem Smartphone verbringt und wie es schon nicht mehr aus dem Leben der Jugendlichen wegzudenken ist.“ Mit diesem Zukunftsszenario, in dem alles, was wir tun von einer App bestimmt wird, wollen alle sechs nicht leben. Auch, wenn die Jüngeren unter den Kritikern angetaner sind von „Eden-Academy“ als die Älteren, scheint das Thema alle zu vereinen.

Weitergeht es im Text. „Almost“ von Anne Eliot ist an der Reihe. Susanna Heßler (12 Jahre) und Leah Dittrich (14 Jahre) stellen es gemeinsam vor. In „Almost“ geht es um die siebzehnjährige Jess, die nach einer schlimmen Nacht vor drei Jahren versucht, ihr normales Leben zurückzubekommen. Dabei begegnet ihr Gray, der für sie plötzlich immer wichtiger wird.

Ganz klar: Hier handelt es sich endlich um eine richtige Liebesgeschichte. Denn was ist schließlich spannender, als die erste Liebe? Die große Frage: Kann man ein Trauma mit Hilfe eines anderen Menschen überwinden? Der einzige Junge in der Runde ist da skeptisch, wobei auch Caroline Schöft (17 Jahre) nicht so begeistert scheint, wie die jüngeren Bücherwürmer in der Runde.

Nun wird es interessant, als es zum nächsten Buch geht. Lea Göbel (13 Jahre) stellt ihr aktuelles Lieblingsbuch „Liv Forever“ von Amy Talkington vor. Als Liv auf das Internat „Wickham Hall“ kommt, merkt sie ziemlich schnell, dass sie dort eigentlich gar nicht hinpasst. Der einzige, der ihr das Leben dort versüßt, ist der unnahbare Malcolm. Als Liv hinterrücks ermordet wird und als Geist durch die Schule geistert, stellt sich ihr nur eine Frage: Wird sie es schaffen, zu Malcom zurückzukommen?

Während die eine Seite das Buch lobt, bleiben die kritischen Stimmen nicht ungehört. „Es ist das Buch, von dem ich in der Runde gewünscht hätte, es nicht gelesen zu haben.“ kommt prompt von Timo. Während die einen das Buch dafür loben, dass endlich auch einmal die Hauptperson eines Romans stirbt und das Buch sich daher von anderen Büchern abhebt, ziehen die kritischen Stimmen in der Runde nach. Es sei zu lang ­ ein Drittel des Buches müsse der Leser warten, bis sie überhaupt mal stirbt.  Ganz klar, „Liv forever“ ist ein Buch, das die Geister spaltet.

Anna lässt dem Gespräch seinen Lauf und leitet gekonnt zum nächsten Buch über. Als Abschluss widmet sich die Runde der jungen Kritiker noch dem Lieblingsbuch von Caroline Schöft (17 Jahre). Sie stellt „Die Anatomie der Nacht“ von Jenn Bennett vor. Sie belegt mit zwei Textstellen, dass dies eine Liebesgeschichte zu sein scheint, die auf unnötigen Kitsch zwischen den Zeilen verzichtet. Bex, die Protagonistin, hat ein ganz besonderes Hobby: Sie fertigt anatomisch genau Zeichnungen des menschlichen Körpers an. Am liebsten zeichnet sie das Herz mit all seinen Details.

Auch Jack hat ein Hobby, das nicht jedem gefällt: Er verziert die die Bauwerke in San Francisco mit goldenen Buchstaben. Als die beiden sich begegnen, entbrennt zwischen ihnen das Feuer der Liebe. Diesmal ist auch Timo mit an Bord und bekennt, dass er dies trotz der Liebesgeschichte und dem Kitsch, der aus seiner Sicht zwar nicht übermäßig aber doch vorhanden ist, erstaunlicherweise gern gelesen hat. Auch die jüngeren Literaturkritiker stimmen ihm zu. Obgleich jedem das selbst vorgestellte Buch wohl doch am besten gefällt.

Schaut man in die Gesichter des Publikums, sieht man, dass sie beeindruckt sind von den sechs jungen Literaturkritikern. Man darf also gespannt bleiben, was noch alles hören sein wird vom Leseclub der Stadt- und Regionalbibliothek. Vielleicht findet der ein oder andere junge Leser in den besprochenen Titel eine schöne Weihnachtslektüre. Manch einer bekommt vielleicht auch selbst Lust, seine Meinung über gelesene Bücher zu teilen. Dann steht ihm die Tür des Leseclubs der Stadt- und Regionalbibliothek, der sich monatlich trifft, um über Kinder- und Jugendbücher zu sprechen, offen. Übrigens: Die Mitglieder verfassen auch Rezensionen, die in der 2. Etage der Bibliothek ausgehängt werden. Vorbeischauen lohnt sich!

(*) Linnea Müller absolviert bei der Herbstlese ihr Freiwilliges Soziales Jahr Kultur.

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