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Erfurter Herbstlese
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Juli 16 2022

Frank Quilitzsch erfreut mit seinen Texten auf der Sommerbühne

Die Stunde des Kolumnisten

Lud zur vergnüglichen Plauderei nicht nur über seine Kolumnen - der Thüringer Autor Frank Quilitzsch. (Foto: Katja Kemnitz)
Lud zur vergnüglichen Plauderei nicht nur über seine Kolumnen - der Thüringer Autor Frank Quilitzsch. (Foto: Katja Kemnitz)

Von Sigurd Schwager

Das verspricht einen kleinen, feinen Sommerbühnen-Abend wie er im Buche steht. Wohltemperiert empfängt der Hof des Dacherödschen Hauses das heiter gestimmte und alsbald mit kühlem Getränk ausgestattete Publikum. Mittendrin sitzt plaudernd und offensichtlich nicht minder gut gelaunt Frank Quilitzsch, der Grund des zahlreichen Hierseins.

Katja Kemnitz vom Herbstlese-Team, die ihn nach vorn zum Lesetisch bittet, begrüßt den Autor und langjährigen TLZ-Kulturredakteur als gern gesehenen Stammgast. Auf Fußballdeutsch würde man ihn wohl einen Herbstlese-Allrounder nennen; Vortragender in eigener Sache, Moderator, Berichterstatter.

Dem Fußball gilt auch das erste Wort es Herrn Q. Er verspreche, sagt er, rechtzeitig die Lesung zu beenden, damit niemand wegen ihm das um 21 Uhr beginnende Spiel der großartigen deutschen Damen gegen die starken Spanierinnen verpassen müsse.

Dann schlägt Frank Quilitzsch, der vor wenigen Wochen 65 geworden ist, sein jüngstes Buch auf. Es trägt den schönen Titel „Alter, du wirst abgehängt“ und versammelt einen Querschnitt seiner Zeitungs-Kolumnen, die er seit geraumer Zeit allwöchentlich veröffentlicht.

Kolumnisten und Kolumnen gibt es heute wie Sand am Meer. Es rieselt und rieselt so vor sich hin. Nur wenige bleiben im Gedächtnis, und oft ist man versucht, mit Karl Kraus zu seufzen, dass es nicht genüge, keinen Gedanken zu haben, man müsse ihn auch ausdrücken können. Für den Berichterstatter gehört Herr Q. neben Frau R. sowie Herrn D. und Herrn G. zu den wenigen in Thüringen, deren Kolumnen man (zumeist) mit einigem Gewinn lesen kann.

Im Nachwort zu „Alter, du wirst abgehängt“ schreibt der Kolumnist Henryk Goldberg, der auch gern mit dem Alter kokettiert, über die Qualität der Quilitzsch-Kolumnen, dass sich in diesen Miniaturen des Alltags die Leserschaft wiedererkenne, sich selbst begegne. „So wird die Kolumne, auch und gerade da, wo sie mit einem Lächeln von alltäglicher Banalität erzählt, zum Lächeln der Zeitung. Denn am Ende addieren sich all die Alltäglichkeiten, die Banalitäten zu dem was man leben nennt.“

Genauso gestaltet sich auch der Sommerbühnen-Abend, ernste Momente inklusive. Frank Quilitzsch liest mehr als ein Dutzend Kolumnen. Beginnend mit der Stunde des Virologen: „Früher glaubte ich an meinen Vater, die Partei, den Sozialismus, die Börse und die freie Marktwirtschaft. Heute glaube ich nur noch dem Virologen.“ Fortgesetzt mit der Frage: „Macht Homeoffice asozial?“. Wir hören von der Mutter und den Ziehtöchtern, von Bob Dylan und den Wessis, vom Tischenzwisch und dem Krokodil in der Unstrut. Und selbstverständlich fehlt auch die Titel-Kolumne nicht. Dabei wechselt der Vorleser immer wieder in den Erzählmodus, erklärt, fragt, bezieht die Zuhörer ein.

Ganz zum Schluss liest er dann aus dem „Dialog mit meiner Urenkelin (2)“. Der letzte Satz des Textes stammt von Urenkelin Filipa, Jahrgang 2057. Er lautet: „Wir alle hoffen sehnsüchtig, dass sich was ändert!“ Mit diesem Wunsch verabschiedet sich Frank Quilitzsch von seinem Publikum, das sich mit herzlichem Beifall bedankt.

Erfreulicher Abend, Teil 2: Zurück in den eigenen vier Wänden, schaltet der Berichterstatter den Fernseher ein. Das Spiel beginnt - und sogleich führen die deutschen Fußballerinnen 1:0.

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