Die Bestsellerautorin Val McDermit stellt ihren neuen Thriller „Der Sinn des Todes“ vor
Mord, Whisky und Schokolade
Von Sigurd Schwager
Val McDermid aus Edinburgh mag Erfurt. Die Stadt sagt sie, habe viel zu bieten, und die Schokolade erst . . . Die schottische Bestsellerautorin, deren Werk in mehr als 40 Sprachen übersetzt wurde, weiß, wovon sie spricht. Zum einen hatte sie diesmal auf den sonst so eiligen Lesereisen sogar etwas Muße, und zum anderen ist es auch nicht ihr erster Erfurter Herbstlese-Auftritt. Vor vier Jahren, mancher im Saal erinnert sich noch gut daran, stellte sie ihren Thriller "Der Verrat" an gleicher Stelle, im Haus am Breitstrom, vor.
Hierher kehrt sie nun zurück, im Gepäck „Der Sinn des Todes“, ihren neuesten auf Deutsch vorrätigen Krimi. Auch die moderierende Übersetzerin ist dieselbe wie 2013: die Journalistin Margarete von Schwarzkopf. Nur die dritte Dame im Crime-Team war damals in Erfurt nicht mit von der Partie: Schauspielerin Marie-Lou Sellem, die man aus vielen Kriminalfilmen und -serien kennt.
Die robust und zupackend wirkende Val McDermid ist eine äußerst produktive Autorin. Das freut die weltweite Fangemeinde. Jahr für Jahr gibt es Neues von ihr. 30 Romane hat sie bereits geschrieben. Darauf in Erfurt von der Moderatorin angesprochen, lacht die Frau mit den kurzen weißen Haaren und dem blitzenden Schalk in den Augen. Oh ja, sie habe Ideen ohne Ende. Während sie an einem Buch arbeite, bedrängten sie schon die Einfälle für das nächste. Zwei Bücher in einem Jahr, da hätte sie nichts dagegen.
Val McDermids literarische Figuren tummeln sich in mehreren Thriller-Reihen. In sechs Büchern (1987 bis 2003) treffen wir die Journalistin Lindsay Gordon, in weiteren sechs (1992 bis 1998) die Privatdetektivin Kate Brannigan und in neun Romanen (1995 bis 2016) das Ermittlerduo Carol Jordan und Tony Hill.
Letztere brachten es durch „Hautnah - Die Methode Hill“ zu beträchtlichem TV-Serienruhm. In Erfurt lobt Val McDermid die Leistungen der Schauspieler. Bücher und Serien seien aber zwei verschiedene Welten. Als Schriftstellerin freue sie sich natürlich darüber, dass die Filme die Zuschauer dann oft zum Buch zurückführten.
Ihr Buch „Out of Bounds“ mit dem deutschen Titel „Der Sinn des Todes“, das sie jetzt zur Herbstlese mitgebracht hat, stammt aus Val McDermids 2003 eröffneter vierter Krimi-Reihe. Und es ist deren vierter Band mit Detective Chief Inspektor Karen Pirie, die die Historic Cases Unit in Edinburgh leitet.
Beim öffentlichen Reden über Krimis und beim Vorlesen aus ihnen muss man stets etwas Vorsicht walten lassen. Natürlich soll es spannend sein, aber zugleich darf auch nicht zu viel verraten werden. Bei der Herbstlese hat man einige Erfahrung damit und setzt auf die bewährte Mischung: Das Plaudern über das Leben und Schreiben der Autorin wird unterbrochen durch vier kürzere Lese-Stücke aus dem vorderen Teil des Krimis.
Zwei davon liest die Autorin selbst. Die anderen zwei trägt als Minihörspiel Marie-Lou Sellem vor, von der man später im Gespräch erfahren wird, dass sie privat keine Krimis liest, wohl aber wie Karen Pirie Gin mag. Gin wiederum mag Val McDermid nicht. Sie trinke lieber einen guten Whisky, erzählt die Schottin, und für den Hauch von einem Moment verwandelt sich die strenge Erfurter Aula in einen gemütliche Edinburgh-Pub.
Aber sogleich konzentriert sich das Publikum wieder auf die Mordsgeschichte: Ein betrunkener Siebzehnjähriger knackt ein Auto und rast mit drei Freunden nachts durch die Stadt. Der Wagen überschlägt sich, nur der Fahrer überlebt. Ein DNA-Test führt zurück zu einem ungeklärten Mord vor 20 Jahren. Und da gibt es einen zweiten alten Fall, ein zweites großes Rätsel . . .
Der lange Atem der Vergangenheit beschäftigte schon immer die Kriminalschriftsteller, andererseits macht die Wissenschaft heute Dinge möglich, die noch vor wenigen Jahren utopisch erschienen. Klar, dass das die Autoren reizt. Gefühlt handelt heute jede zweite Serie davon.
100 Minuten sind schnell vorbei. Das Publikum applaudiert herzlich und freut sich auf die Autogrammstunde.
Und Val McDermid freut sich auch und zeigt es mit dem Daumen an: Nach vier Jahren bekommt sie endlich mal wieder Erfurter Schokoladentrüffel.