Die Schauspielerin Hannelore Hoger stellte im Kaisersaal ihre Autobiografie vor
Vom Leben nach Bella Block

Von Birgit Kummer
Hannelore Hoger machte sich am Montagabend selbst Konkurrenz. Im Fernsehen war sie im Film „Das andere Kind“ in einer der Hauptrollen zu sehen, zur gleichen Zeit saß sie auf der Bühne des Kaisersaals.
Die Hoger-Fans, in der überwiegenden Zahl weiblich, mussten nicht lange überlegen, für welche Variante sie sich entscheiden – wann gibt es schon die Chance, den Schauspiel-Star live zu erleben? Herbstlese-Programmdirektorin Monika Rettig kündigte Hannelore Hoger an als „faszinierende Künstlerin mit einer beeindruckend langen Liste von Rollen und Besetzungen, unabhängige Frau, kämpferische Frau, eine Frau, die auch die Melancholie kennt“.
Für Hoger war es der dritte Auftritt im Erfurter Kaisersaal - nach Texten von Anna Seghers und Sibylle Berg brachte sie nun ein eigenes, autobiografisches Werk mit. Mit dem selbst erdachten Titel: „Ohne Liebe trauern die Sterne“. Ein schönes Sprachbild für alle, die es lyrisch mögen. Und ein Wegweiser durch das Buch, das Hogers Leben beschreibt anhand von Fotos, Geschichten, Interviews und Bildern.
„Schön ist es hier, ein wunderbarer Theatersaal“, sagte Hannelore Hoger zur Begrüßung. Die Bühne des historischen Hauses erwies sich als guter Platz, um zu erzählen vom Theaterleben, vom Familienleben „und von meinen Gedanken.“ Dabei stellte sie klar: „Ich bin keine Intellektuelle, ich bin Hannelore.“ Und: „Ich gelte als zickig, zumindest als nicht unschwierig.“ Was Medienvertreter oder Schauspielkollegen gelegentlich zu spüren bekommen, ihr Publikum aber nicht.
Mit dem erzählte, kicherte und lachte sie - sie schaffte es, zwei Stunden lang mit dem vollbesetzten Saal zu kommunizieren. Über Kindheit und Jugend im Nachkriegshamburg, ihren frühen Schauspielwunsch, die Lehre auf der Handelsschule, das Studium, erste Rollen. Über ihre geliebte Mutter. Über Liebe und Glück („Glück ist Empathie, Zuneigung, Vertrauen und Zärtlichkeit. Und das ist doch Liebe. Ohne Liebe geht die Welt zugrunde.“) Oder über Bücher als Freunde in der Not.
Sie erzählte, wie sie zum Malen kam und was es ihr bedeutet. Dass sie Paul Klees Bilder besonders liebt. Warum sie Stress mit Götz George hatte und zwanzig Jahre mit Peter Zadek entzweit war. Dass Liebigs Fleischextraktbilder eine frühe Sammelleidenschaft in ihr weckten. Und dass sie sich wünsche, dass das Fernsehen öfter alte Theateraufzeichnungen bringe – auch, um großen Schauspielern und Regisseuren Referenz zu erweisen.
Natürlich kam auch Kommissarin Bella Block, ihre bekannteste Rolle, zur Sprache. Sie habe neben interessanten Herausforderungen vor allem regelmäßiges Einkommen bedeutet, erzählte die Schauspielerin. Es sei für viele Schauspieler nicht leicht, sich auf dem freien Markt zu halten und zu bewähren. Hoger sieht sich und die Rolle nüchtern: „Es gab ein langes Leben vor Bella Block und es wird ein weniger langes geben nach Bella Block.“
Hannelore Hoger flocht so manche Ermutigung in ihre Lesung ein. Zum Beispiel, nach sich selbst zu suchen, auch mit Hilfe von Therapien. Oder Fragen zu stellen, solang man seine Angehörigen noch fragen kann. „Wir fragen überhaupt eigentlich immer zu wenig.“ Oder die eigene Umgebung zu erkunden. „Viele kennen Hongkong, aber nicht den Wald vor ihrer Haustür.“
Sie habe oft großes Glück im Beruf, aber schwankendes Glück im Privatleben gehabt, resümierte sie. Und dachte laut über die Frage nach: Soll ich mich zum Elterngrab dazugesellen?
Die Hoger - kratzbürstig und sanft, neugierig und selbstironisch, mitteilsam und verschlossen. Nah dran an Bella Block und doch noch so viel mehr.
Hannelore Hoger im Kaisersaal
Fotos: Holger John