Von unheldischen Helden und Urenkelinnen

Landolf Scherzer und Frank Quilitzsch werden zur Frühlingslese erwartet
Geschichten und Geschichte sowie die mögliche Zukunft Thüringens und der Welt stehen im Mittelpunkt von zwei kommenden Programmpunkten der Erfurter Frühlingslese. Dazu werden Landolf Scherzer und Frank Quilitzsch erwartet. Während erster am 17. März in der Kaufmannskirche mit seinem neuen Buch einer Thüringer Familiengeschichte nachspürt, wagt sein Freund und Kollege einen Tag später im Kultur: Haus Dacheröden im Dialog mit seiner fiktiven Urenkelin einen Blick auf die Zustände in ein paar Jahrzehnten.
Zunächst zu Landolf Scherzer. 1994 begegnet er im Thüringer Wald Marianne Stracke. Die einstige LPG-Bäuerin schreibt an einer Geschichte ihrer weitverzweigten Familie Kämpf, der Schneider von Benshausen. Als sie 2004 stirbt, übergibt ihr Sohn dem Schriftsteller mehr als 600 Seiten Briefe, Tagebücher und Erinnerungen. Doch erst zwanzig Jahre später kommt der Südthüringer Autor dazu, das Material zu sichten. Er erkundet die Alltagsgeschichten einer Familie von unheldischen Helden und entdeckt die große Kraft der kleinen Leute: allen Zwängen zum Trotz menschlich zu bleiben.
„Weshalb interessiert mich diese Familiengeschichte? Weil ich für das Heute und Morgen der Welt meine Utopien, Hoffnungen und die einfachen Wahrheiten verloren habe? Und sie nun im Leben der kleinen Leute, in den Erzählungen der Marianne Stracke, geborene Kämpf, wiederfinden möchte?“, reflektiert Landolf Scherzer sein Vorhaben. Für das der Schriftsteller zudem über 30 Menschen befragt; unbekannte und berühmte wie Günter Wallraff, Arbeiter, Lehrer, Politiker, Diplomaten, eine Bestatterin, einen Fäkalienfahrer, Ärzte und Unternehmer: Was sind denn nun diese „kleine Leute“?
Landolf Scherzer, geboren 1941 in Dresden, studierte Journalistik in Leipzig. 1966 wird er wegen allzu wahrer Reportagen exmatrikuliert. Bis 1975 arbeitet er als Redakteur beim „Freien Wort“ in Suhl, danach als freischaffender Schriftsteller. Wie sein Vorgänger Egon Erwin Kisch ist er ein „rasender Reporter“, der die Welt von unten erkundet, mit Neugier und Zorn auf die Ungerechtigkeiten hinter dem jeweils herrschenden Recht – vor genauso wie nach 1989. Er hat inzwischen über 30 Bücher verfasst. Seine Erkundungen führten ihn nach China, ins krisengebeutelte Griechenland, nach Kuba und auf die Krim. Immer mit dem Ziel, von Alltagserfahrungen zu berichten, die nicht in den Weltnachrichten stehen.
Ein ähnliches Ansinnen verfolgt auch Frank Quilitzsch. Allerdings bemüht er den Zeitstrahl in umgekehrter Richtung, wenn er fragt, wie unsere Welt in 30, 50 oder gar 80 Jahren aussehen wird. Dafür versucht er, seine Prognosen in ein bewegendes Menschenschicksal zu übersetzen. Seine 2057 geborene Urenkelin schreibt ihm eine Mail aus der Zukunft, und der Urgroßvater kann nicht widerstehen und öffnet die Nachricht: „Hallo, ich heiße Filipa und werde demnächst 14 Jahre alt …“.
Zwischen den beiden entwickelt sich ein lebhafter, berührender Dialog. Finnland als neues Italien? Waterworld Hamburg? Große Siedlungen in der Antarktis? Filipa meldet sich aus verschiedenen Lebensaltern. Was erfährt der Urgroßvater von ihr? Was erwartet die Urenkelin von ihm, von uns? Und lässt sich der Tsunami, der sich am Horizont aufbaut, noch verhindern? All das kommt im Spannungsbogen von erlebter Gegenwart und vorweggenommener Realität, allgegenwärtiger künstlicher Intelligenz und dem Aufbruch zum Mars zur Sprache. „Wovon träumst du, Filipa?“ ist ein sehr persönlicher Beitrag zur aktuellen Debatte über Technologie, Umwelt und Gesellschaft.
Frank Quilitzsch, geboren 1957 in Halle/Saale, ist Erzähler, Publizist und Reiseschriftsteller. Nach seinem Germanistikstudium war er drei Jahre lang als Deutschlehrer in Syrien und China tätig. Nach der Wende arbeitete er als Kulturredakteur bei der „Thüringischen Landeszeitung“ in Weimar. Während der Lesung wird der Autor von Lydia Albrecht, einer Schauspielerin des Erfurter Theaters „Die Schotte“, unterstützt.
Die Erfurter Frühlingslese präsentiert in einer Kooperation mit der Kaufmänner Gesellschaft e.V.:
„Die Kämpfs. Eine Thüringer Familiengeschichte oder Die große Kraft der kleinen Leute“
von und mit Landolf Scherzer
Montag, 17. März 2025, 19.30 Uhr,
Kaufmannskirche, Anger 80, 99084 Erfurt
Eintritt 14,00 Euro (ermäßigt 12,00 Euro) im Vorverkauf
sowie 16,00 Euro (ermäßigt 14,00 Euro) an der Abendkasse
Die Erfurter Frühlingslese präsentiert in einer Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung / Landesbüro Thüringen:
„Wovon träumst du, Filipa? Dialog mit meiner Urenkelin“
von und mit Frank Quilitzsch
Dienstag, 18. März 2025, 19.30 Uhr,
Kultur: Haus Dacheröden, Anger 37, 99084 Erfurt
Eintritt 10,00 Euro (ermäßigt 8,00 Euro) im Vorverkauf
sowie 12,00 Euro (ermäßigt 10,00 Euro) an der Abendkasse
Karten gibt es im Kultur: Haus Dacheröden, bei Hugendubel am Anger und im Thüringen Park sowie bei allen VVK-Stellen des Ticketshop Thüringen, dazu im Internet über dacheroeden.de und ticketshop-thueringen.de.


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