Walter Benjamin zählt zu den bedeutendsten Denkern des 20. Jahrhunderts. Als unabhängiger Intellektueller verband er jüdische Tradition, marxistisches Denken und moderne Kulturtheorie zu einem Werk von einzigartiger Strahlkraft. Dazu gehören seine Studien zu Baudelaire und Kafka, seine Rundfunkarbeiten sowie der berühmte Essay „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“. Seine Überlegungen zu Kunst, Technik und Wahrnehmung wirken bis heute nach und bereichern die Debatten um die Auswirkungen der digitalen Revolution und den Einsatz künstlicher Intelligenz.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten ging Walter Benjamin als Jude und kritischer Denker ins Exil nach Paris. Auf der Flucht vor den deutschen Truppen nahm er sich 1940 an der spanischen Grenze das Leben.

Zu seinem 85. Todestag soll mit einer Konzertlesung im Kultur: Haus Dacheröden an den Autor und sein zeitlos aktuelles Denken erinnert werden. Dabei stehen die Umstände seiner letzten Lebenstage besonders im Fokus: Mit einer Gruppe von Flüchtlingen versuchte Benjamin, die französisch-spanische Grenze zu überschreiten. Seine Hoffnung war, über Spanien nach Lissabon und weiter in die USA zu gelangen. Geleitet wurde die Gruppe von Lisa Fittko, die zahlreichen Verfolgten des NS-Regimes zur Flucht verhalf.

Die Flüchtlinge mussten einen schmalen Pfad durch die Pyrenäen nehmen. Im Grenzort Port-Bou drohte die spanische Polizei, sie an die französischen Behörden und damit an die Gestapo auszuliefern. In der Nacht zum 26. September 1940 nahm sich Walter Benjamin das Leben. Er wurde in Port-Bou begraben; die übrigen konnten weiterreisen.

Der französische Autor Marc Sagnol rekonstruiert Benjamins Flucht von Paris über Marseille nach Port-Bou anhand von Texten, Briefen und Gedichten – darunter solche von Benjamin, von Lisa Fittko und von ihm selbst. Sein Gedicht „Port-Bou“ entstand 2023 an dem Ort, an dem Benjamins Flucht tragisch endete. Eine Vertonung dieses Gedichts durch Rudolf Hild erlebt, gespielt vom Kammermusikverein Erfurt, ihre Uraufführung. Zudem stehen Werke von Kurt Weill, Gabriel Fauré und Jules Massenet auf dem Programm.

Konzertlesung: „Port-Bou. In memoriam Walter Benjamin“

Donnerstag, 25. September 2025, 19.30 Uhr
Kultur: Haus Dacheröden, Anger 37, 99084 Erfurt
Tickets zu 10,00 und ermäßigt 8,00 Euro im Vorverkauf
und 12,00 und ermäßigt 10,00 Euro an der Abendkasse

mit Marc Sagnol (Autor),
Alexandra Lidy (Mezzosopran),
Liene Henkel (Klavier),
Boyana Antonova (Violoncello)
und Rudolf Hild (Komposition)

Begrüßung: Prof. Dr. Reinhard Schramm, Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen

Eine Kooperation von Erfurter Herbstlese, Erinnerungsort Topf & Söhne, Weimarer Rendez-vous mit der Geschichte, Jüdischer Landesgemeinde Thüringen und
Kammermusikverein Erfurt e. V.