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Erfurter Herbstlese
Es lebe die Erfurter Herbstlese!
Okt. 12 2013

Da ist es totenstill im Saal

Oliver Wnuk und Yvonne Catterfeld auf der Bühne des Ratsgymnasiums. Foto: Holger John
Oliver Wnuk und Yvonne Catterfeld auf der Bühne des Ratsgymnasiums. Foto: Holger John

Mit „Luftholen“ hat Oliver Wnuk gerade seinen zweiten Roman vorgelegt. Doch bei der Herbstlese liest er nicht einfach nur aus seinem Buch; der Abend ist als Schauspielerlesung angekündigt. Dazu hat sich der gebürtige Konstanzer Verstärkung mitgebracht. Auf der Bühne steht auch Yvonne Catterfeld, seine Lebensgefährtin.

Vor zwei Jahren, bei der Vorstellung von „Wie im richtigen Film“, hatte sich der Schauspieler noch an der Gitarre begleiten lassen. Diesmal setzt er ganz auf das gesprochene Wort, unterstützt von Gesten und Bewegungen, die den Text pointiert verstärken sollen. Dazu hat er sich ein sparsames Bühnenbild ausgedacht - drei Stühle, zwei Podeste, fertig -, das es den beiden Schauspielern erlaubt, zwischen den Figuren des Romans und dem Erzähler zu wechseln.

So spricht er den Josch, sie die Maria. Es ist fast wie ein Hörspiel, doch es ist ein wenig mehr. Kurze Blicke zwischen den beiden oder hinüber zum imaginären Bild des Vaters. Wer nur den Stimmen der zwei lauschen will, für einen Moment die Augen schließt, öffnet sie schnell wieder. Nur nichts verpassen.

Der Text ist kein leichter, kein beschwingter, er schwillt  – etwa in der Verhörszene – bedrohlich an. Wie bei der Lektüre des Textes wächst das Unbehagen. Muss es Josch denn immer noch schlimmer machen? Zum Glück gönnt der Autor seinem Publikum Erholung, in weich fließenden Dialogen mit Maria, in der Erinnerung an den tanzenden Vater. Das setzt im Buch nötige Kontrapunkte und gibt auf der Bühne die Möglichkeit zu ein wenig heiterem Spiel. Indes, bald wird es wieder düster.

Sie kennen sich, sie vertrauen einander, sie tragen sich – das ist es, was die Dialoge von Oliver Wnuk und Yvonne Catterfeld so anrührend macht. Sie sprechen und spielen so zart, und doch voller Kraft. Zum Ende hin sprechen beide im Chor, schreckliche Worte, die erst verdaut werden müssen. Da ist es totenstill im Saal.

Der Abend war wirklich mehr als eine gewöhnliche Lesung. Ein Autor, der wusste, was er erzählen wollte. Ein Regisseur, der diese Intentionen umsetzte, dazu der Schauspieler und die Schauspielerin – alles in allem zwei Personen. Doch auf der Bühne stand Joschs ganze Welt.

Es war die 18. Veranstaltung dieser Herbstlese. Die dabei waren, werden sich ihrer lange erinnern. Danke Oliver Wnuk, danke Yvonne Catterfeld. Auf ein Wiedersehen!

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