In ihrem neuen Buch „Deutsch, nicht dumpf“ wagt sich Thea Dorn an Heimat, Patriotismus und Nation
Vermintes Gelände
Von Karsten Jauch
Nach dem wunderbaren Streitgespräch bei der Herbstlese im Vorjahr im Erfurter Theater, bei der Thea Dorn mit Steffen Mensching (Intendant in Rudolstadt) und Christoph Stölzl (Hochschulpräsident in Weimar) das Verhältnis von Kosmopolitismus und Leitkultur zerlegte, ging es beim Auftritt der Schriftstellerin in diesem Jahr eher um den Begriff Patriotismus. Im Atrium der Erfurter Stadtwerke stellte sie ihr neues Buch vor „Deutsch, nicht dumpf. Ein Leitfaden für aufgeklärte Patrioten“. Das sei angesichts der rauen gesellschaftlichen Debatte ein Irrgarten und ein vermintes Gelände.
Zunächst erhielt sie aber viel Beifall, dass sie trotz Beinbruch angereist sei. Noch mehr Applaus gab es dann für ihre Ausführungen. So unterschied sie in der Begrifflichkeit zwischen einem blinden Patriotismus, der Ausdruck „einer schicksalhaften Liebe zum eigenen Land“ sei, mit deren Ergebenheit sie nichts am Hut haben wolle, und einem aufgeklärten Patriotismus. Dies sei „keine Gratis-Spritze für ein mangelndes Selbstbewusstsein“, sondern bürgerschaftliches Engagement - im Sinne eines verantwortungsvollen Staatsbürgers.
Im Gespräch mit dem Publizisten Sergej Lochthofen versicherte sie angesichts einer dramatischen gesellschaftlichen Spaltung: „Wir haben keinen anderen Weg, als auf dem Feld der Begriffe zu streiten“. Dem widersprach Lochthofen: „Der Begriff ist uns längst abhandengekommen.“ Der Patriotismus rutsche in den Nationalismus ab. Als Beispiel führte er selbst ernannte Patrioten wie Donald Trump oder Wladimir Putin an, die den Patriotismus als Teil der Identität betrachten. Thea Dorn erneuerte hingegen ihre Ansprache an den engagierten Bürger mit der Forderung: „Es ist mein Land, und für dieses Land bin auch ich verantwortlich.“
Kontrovers ging es in der Debatte beim Wort Heimat weiter, das viele Missdeutungen zulässt. "Das Unheil nimmt seinen Lauf, wenn man derartige Begriffe wieder in die Politik aufnimmt", sagte Dorn und verwies auf führende Politiker.
Dass es sehr unterschiedliche Betrachtungsweisen gibt, erklärte Lochthofen. In DDR habe man mit dem Begriff Heimat gespielt, um dieses kleine Stückchen Land zu beschreiben. „Das haben aber viele Menschen ignoriert.“ So werde auch heute die Heimat-Debatte von den Ostdeutschen nicht ernst genommen.
Im Westen, so Thea Dorn, hätte niemand gesagt, dass man seine Heimat lieben könne. Nur seien die Wohlfühlzeiten im „Mainzelmännchen-Land“, in dem man keine Verantwortung übernommen habe, vorbei. „Das war nicht dumm“, sagte sie, „aber so funktioniert das heute nicht mehr“.
Dieser Beitrag erschien zunächst in der „Thüringer Allgemeine“ vom 19. Oktober 2018.