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Juli 26 2020

Gespräch mit Franziska Wilhelm, Patin des Schreibwettbewerbs 2020

„Man kann halt nicht aus seiner Haut“

Franziska Wilhelm zu Besuch im Kultur: Haus Dacheröden.
Franziska Wilhelm zu Besuch im Kultur: Haus Dacheröden.

Frau Wilhelm, Sie sind die Patin des diesjährigen Eobanus-Hessus-Schreibwettbewerbs. Was reizt Sie an dieser Aufgabe?

Wettbewerbe für junge Literatur waren sozusagen mein Einstieg ins Schreiben. Vielleicht hatte ich schon im stillen Kämmerlein mal hier und da was vor mich hin getippt, aber so richtig spannend wurde die Sache erst, als ich durch die Wettbewerbe meine ersten Leser und Leserinnen bekam. Heute kann man Geschichten und Gedichte natürlich viel einfacher veröffentlichen als damals, aber dieses Gefühl, wenn dir eine Fachjury Rückmeldung zu einem Text gibt, ist natürlich etwas ganz besonderes. Ich bin Eobanus-Hessus-Patin geworden, weil ich junge Menschen ermutigen möchte, mit ihren Texten nach draußen zu gehen.

Sie selbst nahmen dreimal am Wettbewerb mit Erfolg teil. Wie wichtig sind solche Wettbewerbe und Stipendien für junge Talente, aber auch für gestandene Literaten?

Wenn man für einen Text ausgezeichnet wird, dann ist das natürlich eine besondere Wertschätzung. Man ist ja oft unsicher und fragt sich vielleicht: Ist das alles Quatsch, was ich da schreibe? Aber wenn eine Geschichte eine Jury überzeugt, dann kann sie ja gar nicht so schlecht sein. Anderseits kann es natürlich passieren, dass auch gute Texte bei Wettbewerben leer ausgehen. Deshalb sollte man sich nicht zu schnell entmutigen lassen und einfach weiterschreiben.

Begann mit dem Wettbewerb Ihr eigenes Schreiben?

Ich habe durch den Eobanus-Hessus-Schreibwettbewerb und das Junge Literaturforum Hessen-Thüringen viel Unterstützung gefunden. Über beide Preise habe ich Menschen kennengelernt, die genauso für Literatur brennen, wie ich. Die Kontakte bestehen oft noch bis heute und wenn ich mal einen Rat brauche, weiß ich, bei wem ich mich melden kann. Das ist schon toll.

Wie fanden und finden Sie Ihre Themen?

Die Themen kommen zu mir. Ich laufe durch die Welt, und dann kommt irgendwas in meinen Weg, das ich spannend finde, das etwas mit mir macht. Dann schreibe ich darüber. Im Unterschied zu früher, muss ich heute regelmäßiger schreiben als früher. Schon allein, weil ich für meine Lesebühne zwei neue Texte pro Monat brauche.

Kann man vom Schreiben leben und wenn ja: Wie geht das? Gehören Auftritte als Poetry Slammerin dazu? Oder machen die einfach nur Spaß? Die Sieger von Wettbewerben müssen ihre Texte auch präsentieren. Ist das eher Lust oder bringt das auch Frust?

Das sind jetzt vier sehr unterschiedliche Fragen auf einmal. Wenn man sie differenziert beantworten will, müsste man sehr ausführlich werden. Ich mache es aber ganz kurz und sage als Antwort auf alle vier Fragen: Ja und Nein.

Im Rahmen des Wettbewerbes bieten wir auch einen Workshop mit Ihnen an. Was können die jungen Leute dort erwarten?

Ich würde sagen: Die Basics des Schreibens. Wie finde ich gute Figuren? Wie mache ich sie plastisch? Wie entwickle ich eine Handlung und wie beschreibe ich sie am besten? Wie bekomme ich einen Text dahin, dass er für die Lesenden interessant bleibt? Um solche und ähnliche Fragen werden wir uns im Workshop kümmern und kleine Übungen dazu machen.

Was bedeuten die Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie für Sie? Kommen Sie jetzt eher zum Schreiben?

Klar, durch die Kontaktbeschränkungen und den Wegfall von Lesungen hatte ich natürlich mehr Zeit zum Schreiben. Und obwohl so viel heruntergefahren wurde, gab es ja immer noch jede Menge zu beobachten. Als Schriftstellerin interessieren mich die Abgründe des Alltags. In Corona-Zeiten ist der Alltag so abgründig wie nie. Einerseits werden Dinge, die vorher absolut abwegig waren, plötzlich normal. Das Tragen von Schutzmasken beim Bäcker zum Beispiel. Andererseits wirken die Corona- Einschränkungen auf schon bestehende Konflikte wie ein Brennglas. Das ist schon spannend. Aber keine Angst, ein Corona-Roman von mir ist aktuell nicht in Planung.

Führen Sie ein Corona-Tagebuch wie andere Kollegen?

Ein bisschen festhalten muss ich die Zeit trotzdem. Auf meiner Webseite führe ich ein kleines Fototagebuch, dass ich Corona-Chroniken nenne. Es soll mir helfen, mich auch später noch an die kleinen abgründigen Einzelheiten zu erinnern. Man kann halt nicht aus seiner Haut.

Am 8. August bietet Franziska Wilhelm im Kultur: Haus Dacheröden ein Schreibworkshop „How to start a story“ an. Er richtet sich an Menschen im Alter von 15 bis 35, die am Eobanus-Hessus-Schreibwettbewerb 2020 teilnehmen möchten und die vielleicht auch schon erste Geschichten verfasst haben, aber nun noch ein bisschen mehr wissen wollen über das Handwerk des Schreibens. 

Alle Details zum Workshop sind hier zu finden. 

Informationen zum Wettbewerb gibt es hier.

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