Der 6. Thüringer Diary Slam geht in eine neue Runde
Mit Tagebuch auf der großen Bühne

Von Kathleen Kröger*
Corona hat sicherlich einige Menschen dazu bewegt, ihr Tagebuch intensiver zu führen oder gar ein Erstes anzulegen. In den sozialen Medien erfreuen sich die Berichte aus der Lockdown-Zeit teilweise großer Beliebtheit und auch andere Themen bekommen ein immer größeres Publikum. Eine Chance, Anekdoten aus seinem Tagebuch im realen Leben zum besten zu geben bietet der 6. Thüringer Diary Slam des Herbstlese-Vereins.
Eigentlich für die diesjährige Frühlingslese geplant, wird der Wettbewerb rund um vielseitige Tagebucheinträge kurzerhand im Rahmen der Sommerbühne nachgeholt. „Corona hat uns auch hier einen Strich durch die Rechnung gemacht, aber nun freuen wir uns, dass der Slam im Rahmen der Sommerbühne im Hof des Hauses Dacheröden nachgeholt wird“, wie Monika Rettig sagt. Die Programmleiterin der Erfurter Herbstlese hat das Projekt des Diary Slam wie jedes Jahr einer FSJ-lerin anvertraut, die sich um die Organisation und Durchführung kümmert.
Diesmal ist es Sophie Kirchner, die im August kurz vor dem Ende ihres Freiwilligen Sozialen Jahrs steht und sich beim Wettdichten selbst als Slammerin ausprobieren möchte. „Es ist eine Veranstaltung für Leute, die noch keine Profis sind und keine Bühnenerfahrung haben. Und als ich mich immer mehr mit dem Projekt beschäftigte, habe ich auch in meinen alten Tagebüchern geblättert und dachte mir, dass ich gut dorthin passe, weil. Auch wenn ich schon ziemlich aufgeregt bin, weil es bei mir wirklich das erste Mal ist, dass ich einen Text von mir vor Publikum vortrage und auch die erste FSJ-lerin des Vereins bin, die selbst mitmacht“, wie Sophie erzählt. Die 90 Plätze für das Publikum im Hof des Hauses am Anger erhöhen da vielleicht etwas den Druck, trösten die angehende Physiotherapie-Auszubildende aber auch, da so mehr ihrer Freunde als moralische Unterstützung dabei sein können.
Ihr größter Halt ist der 19-Jährigen sogar näher, als gedacht, denn auch ihr Vater wird sich dem „Applausometer“ der Zuhörer stellen: „Ich habe ihn erst ein bisschen drängeln müssen, sich für den Slam anzumelden, aber mittlerweile ist er total begeistert“, lacht Sophie. „Er hat auf einer Reise durch Nepal ein Tagebuch für mich und meine Zwillingsschwester geschrieben, da wir damals zu klein waren, um mitzukommen. Daraus wird er ein paar Einträge lesen. Das wird bestimmt schön, auch für die ganze Familie“. Sie selbst wird aus ihrem Krankenhaustagebuch lesen und freut sich auch auf die anderen Beiträge, die von Liebeskummer über den Schul- oder Arbeitsalltag oder eben die Coronazeit handeln können.
„Durch die Terminverschiebung haben wir jetzt noch vier von ursprünglich sechs gesetzten Teilnehmern. Da reicht das Spektrum von 20 bis 50 Jahren und auch beruflich ist die Gruppe von FSJ-lern bis zu Pflegekräften bunt gemischt“, so Monika Rettig. „Wer also noch Lust hat, ein paar Stellen aus seinem Tagebuch zu lesen, kann sich gern noch bei uns melden“.
Wer teilnehmen möchte, kann sich bei Sophie Kirchner unter der Mailadresse fsj_kultur@herbstlese.de anmelden.
* Dieser Beitrag erschien zuerst in der Thüringer Allgemeine vom 06. August 2020.