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Erfurter Herbstlese
Es lebe die Erfurter Herbstlese!
Dez. 01 2021

Torsten Ungers neues Buch findet den passenden Ort

Eine literarische Fundgrube

Immer wieder gern gesehener Gast bei der Herbstlese: Torsten Unger.
Immer wieder gern gesehener Gast bei der Herbstlese: Torsten Unger.

Von Sigurd Schwager

Die Erfurter Herbstlese und der Erfurter Autor Torsten Unger haben sich zur geistigen Erbauung des Publikums schon oft gesucht und gefunden. Der jüngste gemeinsame Abend trägt das Suchen und Finden bereits im Titel: „Gefunden. Meine Thüringer Autoren“ heißt Ungers neues Buch. Darin trifft der Germanist und MDR-Kulturredakteur auf seiner literarischen Wanderung durch die Jahrhunderte sechs Dichterinnen und 44 Dichter, deren Leben und Werk mit Thüringen auf sehr verschiedene Weise verknüpft sind.

Eine literarische Fundgrube: 50 Porträt-Miniaturen über zu Recht unvergessene und ebenso über zu Unrecht vergessene Persönlichkeiten. Wir lernen, um nur zwei Beispiele zu nennen, einen Jenaer Universitäts-Professor kennen, der es zum Literaturnobelpreisträger bringt; und wir erfahren, warum in Gotha die Asche jener Frau aufbewahrt ist, die als erste den Friedensnobelpreis erhält.

Die bunte Versammlung in Raum und Zeit, die mit Walther von der Vogelweide beginnt und mit Wolf Wondratschek endet, füllt ein Buch, das Herbstlese-Programmchefin Monika Rettig in ihren Begrüßungsworten als rundum gelungen würdigt. Er habe, erzählt der Gast, lang und ganz fest die Daumen gedrückt, dass die Lesung in den Zeiten der Pandemie überhaupt stattfinden könne und sei nun über das Ermöglichen sehr erfreut.

Zumal der Rahmen kaum stimmiger sein könnte: Das Wort sucht sich wieder einmal den Ort, der wunderbar zum Werk passt. Denn an Geistesgrößen, die gern hier verweilen, hat es dem alten Gemäuer am heutigen Anger 37 in seiner langen Geschichte wahrlich nie gemangelt. Im Hause Dacheröden weiß sich das Herbstlese-Publikum 2021 immerhin auch unter einem Dach mit den Hausgästen Goethe und Schiller.

Dass die beiden Super-Wahlthüringer auch Mitglieder von Ungers thüringenaffiner Gruppe 50 sind, ist das Gegenteil einer Überraschung. Ein solches Werk ohne Goethe, ohne Schiller, bekennen Autor und Verlag, gehe natürlich gar nicht. Für sie seien von Anfang an Plätze reserviert gewesen.

Was natürlich geht in Erfurt: darauf zu verzichten, die entsprechenden Buchseiten über die beiden klassischen Weimarer Sockelhelden zur Herbstlese vorzutragen. Stattdessen rezitiert Torsten Unger als Prolog seiner Lesung Goethes Gedicht „Gefunden“

Ich ging im Walde
So für mich hin...

Der letzten Zeile „Und blüht so fort“ fügt Torsten Unger seinen Wunsch an, dies möge nicht nur für das Goetheschen Blümchen gelten, sondern auch für die ausgewählten Damen und Herren im Buch.

Acht aus 50 stellt er dann lesend und erzählend vor, und zwar hübsch paritätisch. Die eine Hälfte ist in Thüringen geboren: Sidonia Hedwig Zäunemann und Reinard Lettau in Erfurt, August von Kotzebue in Weimar und Martin Stade in Haarhausen. Die andere Hälfte zieht es auf Zeit oder für immer nach Thüringen: Hanns Cibulka aus dem schlesisch-mährischen Jägerndorf, Hans Christian Andersen aus dem dänischen Odense, Ernst von Wildenbruch aus dem nahöstlichen Beirut und Hildegard Jahn-Reinke aus dem süddeutschen Augsburg.

Der Herbstlese-Berichterstatter gibt an dieser Stelle zu Protokoll, dass ihn die Lebens-Skizzen über Hanns Cibulka und Hildegard Jahn-Reinke in besonderer Weise berührt haben, weil er sie mit eigenen Erinnerungen zusammenbringen kann. Und er teilt des Autors Verwunderung, warum es der Stadt Erfurt nicht gelingt, einer Straße den Namen von Reinhard Lettau zu geben.

Ungers kurze und kurzweilige Texte sind getragen von der Liebe zur Literatur und deren Schöpfern. Das Ergebnis weckt Neugier und macht Lust auf Weiterlesen, am besten im Original. Dafür erweist es sich als hilfreich, dass der Autor zu all seinen 50 Gefundenen gleich noch mitteilt, welche ihrer Bücher er  als Lektüre besonders empfiehlt.

Und warum ausgerechnet 50? Es habe, antwortet Torsten Unger, zunächst an das 100-Orte-Vorbild gedacht, andererseits sollte es aber auch kein unhandlicher Wälzer werden. Und er fügt hinzu: Wenn sein Buch das Interesse der geneigten Leserschaft fände, dann stünden die nächsten 50 Gefundenen schon bereit. Der kräftige Beifall zum Finale des Herbstlese-Abends weist schon mal genau in diese Richtung.

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