Monika Maron stellte „Munin oder Chaos im Kopf“ zur Frühlingslese vor
„Lösungen habe ich nicht parat“
Von Birgit Kummer
Eine Meisterin der Sprache war Gast der Frühlingslese. Die Schriftstellerin Monika Maron las im Kultur: Haus Dacheröden aus ihrem neuen Roman „Munin oder Chaos im Kopf.“ Sie war stets eine unbequeme Autorin. Aus ihrer Feder stammen Romane wie „Endmoränen“, „Animal triste“ oder „Stille Zeile Sechs“. Ihr Erstling „Flugasche“ aus dem Jahr 1981, der sich mit der katastrophalen Umweltsituation in der DDR auseinandersetzte, konnte nur in der Bundesrepublik publiziert werden.
In ihrem neuen Buch lässt sie eine Berliner Journalistin, Mina Wolf, zum Dreißigjährigen Krieg recherchieren und zahllose Parallelen zur Jetzt-Zeit finden. Gestört wird die Arbeit durch eine schrille Sängerin, die mit ihrem Dauergesang eine ganze Straße terrorisiert. Die Anwohner wollen in ihrer kleinen Welt „Maßnahmen zur Herstellung des allgemeinen Friedens und der Deeskalation der gegenwärtigen Lage“ ergreifen, Mina Wolf gerät mitten hinein in die sich hochschaukelnden Auseinandersetzungen um die Sängerin.
Der Straßenkampf wird scheitern. Ebenso wie Mina Wolf, deren kritisch-reflektierendes Werk über den Krieg beim Auftraggeber nicht auf Gegenliebe stoßen wird.
Die Autorin hat viel hineingesteckt in ihren Roman, der laut Verlag „ein Stimmungsbild unserer Zeit“ sein soll. Es geht um das menschliche Miteinander, die „nervöse, leicht explosive Stimmung“ unter den Leuten, um die Zumutungen der Nachrichten. Um religiöse und politische Glaubensfragen, afrikanische Stammes- und Religionskriege, den Umgang mit Flüchtlingen und dem Islam, um Terrorangst, den Umgang mit Tieren, um nur einiges zu nennen.
Für die Hauptfigur Mina Wolf ist beim Nachdenken über die Welt eine kommunikationskundige Krähe das wichtigste Gegenüber. Sie nennt das Tier Munin - den Namen trägt in der nordischen Mythologie eine der Krähen des Gottes Odin. Mit ihr lassen sich alle großen Themen bis hin zu Gott und Mensch trefflich diskutieren.
Maron erntet für ihr neues Buch in den Feuilletons Lob, aber auch viel Kritik angesichts ihrer Gesellschaftsanalysen, um die sie auch in Interviews keinen Hehl macht. Sie äußerte sich mehrfach zu ihrer Islam-Angst und zu Merkels Flüchtlingspolitik.
„Vielleicht müssen wir uns ein paar Fragen stellen“, sagte die Autorin im Publikumsgespräch nach der Lesung und verwies auf Parallelen zwischen Geschichte und Gegenwart. „Die Entfernungen sind geschrumpft, auch zwischen Syrien und Europa.“ Die aktuelle Kriegsgefahr sei jüngst von der Weltsicherheitskonferenz so hoch eingeschätzt worden wie nie nach dem 2. Weltkrieg. Sie versuche, in dem Buch zu erzählen, wie eine allgemeine Missstimmung, ein Unmut aufgrund der Weltlage, aufgrund von diffus empfundenen Bedrohungen sich weit in das alltägliche Leben geschoben hätten.
Lösungen habe sie nicht parat, sagte Maron. „Das Buch ist auch nicht da, um Lösungen anzubieten.“ Ihr sei es wichtig, dass der Roman diskutiert werde, dass er Leser fände. „Es war schwierig genug, ihn zu schreiben.“
Maron habe einen vielschichtigen Roman vorgelegt, sagte Herbstlese-Programmdirektorin Monika Rettig. Sie sei froh, dass die Schriftstellerin ihn in Erfurt vorgestellt habe.