Filmlust und Krimifrust

Andreas Dresen ist ein Glückskind. Alles, was der 50-Jährige Regisseur beginnt, gelingt. Seine Filme sind auf Preise abonniert; sie überzeugen aber nicht nur die Kritik, „Wolke 9“ oder „Halt auf halber Strecke“ sind auch beim Publikum erfolgreich. Wie geht so etwas, mag sich der Berliner Journalist Hans-Dieter Schütt gefragt haben. Wo ist bei so viel Licht der Schatten?
Die beiden haben sich zu langen, intensiven Gesprächen getroffen. Es ging um Dresens Aufwachsen in der DDR, seine Familie, die frühe Liebe zum Film. Um die Förderung seines Talents und um die Grenzen, an die ein Geist wie er in der DDR stoßen musste. Sie sprachen über Freunde und Mentoren, den langen Arm der Stasi und was blieb von diesem kleinen Land im großen Deutschland.
Dazwischen und immer wieder: Wie arbeitet Andreas Dresen, wo liegen die Wurzeln seines Anspruchs, wie versteht er sein Handwerk? Jetzt ist „Glücks Spiel“ beim be.bra-Verlag erschienen. Im Stadtgarten stellen es beide dem Publikum vor.
Natürlich im Gespräch. Gut eine Stunde plaudern beide auf der Bühne. Vieles davon ist im Buch nachzulesen. Nicht alles, oder ein wenig anders. Wie die Sache mit den Krimis, die er nicht drehen mag. Im Stadtgarten gibt er eine weitere Facette seines Unbehagens mit dem Genre preis – der, aus seiner Sicht, nicht eben gelungene Polizeiruf 110 aus dem Jahre 1996, der, ausgerechnet, in Erfurt gedreht wurde.
Viel ist darüber nicht mehr zu erfahren, im Netz findet sich eine Kritik. Rainer Tittelbach schrieb im August 2013 anlässlich einer Wiederholung (23.35 Uhr im MDR) wenig begeistert: „Nähert man sich nicht mit dem Krimi-Blick von heute diesem fast ein wenig theatralen Krimi-Kammerspiel, dann kann man ihm Aufregendes abgewinnen. Aber wirklich nur dann!“ Dieser Warnung schließt sich der Regisseur durchaus an. Seine Sachen werden nur gut, wenn er sie wirklich machen will. Auf Krimis hat er eben keine Lust.
Dafür um so mehr auf Clemens Meyers Roman "Als wir träumten". Ende der nächsten Woche könnte er und sein Team mit dem ersten Schnitt des Films durch sein. Auf dem Abspann und den Plakaten wird dann aber wieder nicht "ein Film von Andreas Dresen" stehen. Filmen ist Teamarbeit, darauf besteht er fern jeder Koketterie seit seinen ersten Versuchen hinter und neben der Kamera.
Die Stunde ist schnell vorbei. Im Buch finden sich auch Texte von Weggefährten und einer von Andreas Dresen selbst. Den trägt er zum Schluss vor. Es ist ein Bericht über einen Zwischenstopp. Er kommt von Tokio und will nach Tbilisi, dazwischen ist eine Nacht im Transithotel auf dem Moskauer Flughafen geplant. Das Hotel versprüht den Charme eines Hochsicherheitstraktes, der Autor erlebt sein ganz eigenes „Lost in Translation“. Die empörende Gleichgültigkeit der russischen Uniformierten ist genau beobachtet und so pointiert aufgeschrieben, dass sich das Publikum gar nicht anders helfen kann: Es wird erst gekichert, dann gelacht.
Andreas Dresen, das Glückskind, kann auch schreiben.