Das Duo Kokott & Georgi unterhält das Herbstlese-Publikum mit Balladen auf das trefflichste
Zwei Barden und die Fischerchöre
Von Katja Kemnitz
Mit den Balladen ist das so eine Sache. Das Auswendiglernen der langen Gedichte für die Schule steht der ganz großen Liebe oft im Wege. So bekennt Gregor Gysi in seiner Autobiografie, mit der er bald nach Erfurt kommt, gern rezitiert zu haben. Doch an der „Glocke“ sei er schwer gescheitert. Ähnlich ging es auch Katja Kemnitz, die das Publikum im Kultur: Haus Dacheröden zum Balladenabend begrüßt. Die Herren Georgi und Kokott zeigen danach textsicher, wie schön lang sein kann.
Die Erinnerungen an den Deutschunterricht sind beim Herbstlese-Publikum offensichtlich nicht die schlechtesten – zumindest, was das Thema „Balladen“ betrifft. Nicht ohne Grund ist dieser musikalische Abend im Nu ausverkauft und die Begeisterung im Kultur: Haus Dacheröden groß. Christian Georgi und Ko J. Kokott widmen sich in ihrem aktuellen Bühnenprogramm „Ich werde weiterzieh‘ n“ den deutschen Balladen.
Im voll besetzten Festsaal erklingt der Refrain vom „Guten Bürger“ und alle Beteiligten – auf und vor der Bühne“ haben Spaß. Nach Art der „Fischerchöre“ möge das Publikum sich doch gern an der Darbietung von Georg Herweghs Ballade beteiligen, bitten die beiden Herren auf der Bühne. Das klappt hervorragend.
Mit ihrer Version des Vormärz-Klassikers hat es das Duo Georgi & Kokott sogar kürzlich in die Liedermacher-Charts geschafft. Vor der Bundestagswahl standen sie sogar auf Platz 2 der Bestenliste der Wecker & Co; ein sicheres Zeichen dafür, dass man mit Balladen wohl noch immer einen Nerv treffen kann.
Im Dacheröden sind es mal schaurige, eher unbekannte Stücke wie die „Ballade der Hester Jonas“, denen das Publikum ganz beklommen lauscht. Dann wieder bringt Kokott den ganzen Festsaal zum Lachen, als er in die Rolle eines Schülers bei der gefürchteten Leistungskontrolle schlüpft, und in rasender Geschwindigkeit eine nicht mehr erkennbare Ballade „runterrasselt“.
Überhaupt werden viele Erinnerungen wach an die Schulzeit. Ob „Erlkönig“, „Handschuh“ oder der grandios interpretierte „Zauberlehrling“, alle Klassiker sind wunderbar neu interpretiert und überraschend arrangiert. Weg ist der Staub alter Deutschhefte von diesen damals oft ungeliebten ellenlangen Gedichten.
Die Musiker sind Profis, sie haben unzählige Bühnen bespielt und trotzdem merkt man ihnen den Spaß und die Seele bei jedem Stück an. Genau das überträgt sich auch auf ihre Zuhörer, die unbedingt noch eine Zugabe hören wollen – die Dankes-Trüffel müssen eben noch eine Ballade lang warten.