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Erfurter Herbstlese
Es lebe die Erfurter Herbstlese!
Okt. 09 2015

Marie Wolf im Haus Dacheröden

Zwei Bücher in einem. Mindestens.

Marie Wolfs erstes Buch erschien in der Collection Büchergilde.
Marie Wolfs erstes Buch erschien in der Collection Büchergilde.

Die Wahrheit. Nichts als die Wahrheit. Der Zusammenschluss der acht Buchstaben zählt zu den eindrücklichsten Worten deutscher Sprache; ein Schwergewicht wie Freiheit und Glück, Leben und Tod. Oder Mut. Der gehört dazu, wenn eine junge Frau von 24 Jahren gleich ihr erstes Buch „Die Wahrheit“ nennt. Im Haus Dacheröden stellt Marie Wolf es dem Erfurter Publikum vor.

Es ist ein Heimspiel für die Erfurterin, die längst in Berlin zu Hause ist. Ihre Eltern sind da, die Oma, Freunde von früher und deren Eltern. Die Aufregung steigt gleich noch ein wenig mehr. Es ist, in dieser Art, auch eine Buchpremiere.

Wobei der Begriff Buch nicht ganz stimmt. „Die Wahrheit“ sind zwei Bücher in einem. Mindestens. Zwei Mal der gleiche Text, jedes für sich illustriert. Jedes erzählt seine Sicht, versucht seine Wahrheit an den Mann und die Frau zu bringen.

Edward Snowden hat Marie Wolf zu dieser Arbeit inspiriert. Der Streit darum, ob der Amerikaner nun ein Held oder ein Verräter sei, beschäftigte die Studentin sehr. Die gleiche Tat wurde von den verschiedenen Menschen auf extrem unterschiedliche Weise wahrgenommen. Was ist er nun wirklich? Oder gibt es die eine richtige Antwort, die eine Wahrheit gar nicht? So wurde Edward zu ihrer Abschlussarbeit. Das Ergebnis, „Die Wahrheit“, kann sich sehen lassen.

Für ihre Präsentation hat Marie Wolf zwei Beamer im Bürgersaal des Hauses Dacheröden aufgebaut. Sie selbst sitzt auf einem Podest zwischen den Leinwänden. Dann liest sie ihre Geschichte vor. Links sieht das Publikum die eine Variante, die des lieben Edwards (am Namen des Haupthelden hat sie festgehalten); rechts ist die fiesere Ausgabe zugange.

Danach erklärt Marie Wolf ihr Vorgehen, erläutert gestalterische Finessen und ihre Intention. Denn die ist ihr wichtig. Am besten wird diese deutlich, als die Sprache auf den Wahrheitswal kommt. Ein fliegender Wal. So einen hat sie noch nie gesehen. Ob es ihn überhaupt gibt? Möglicherweise trifft das ja auch auf die Wahrheit zu.

Immer diese Wahrheit. Seit ehedem beschäftigt sich die Kunst mit ihr. „Die Wahrheit! Sei sie auch Verbrechen“, verspricht Pamina in der „Zauberflöte“. Und der stinkige Colonel blafft in „Eine Frage der Ehre“ den Verteidiger an: „Sie wollen die Wahrheit? Sie können die Wahrheit doch gar nicht vertragen.“ Nicht zu vergessen Brecht und dessen berühmte Sentenz aus „Das Leben des Galilei“. Da heißt es: „Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher!“

Derlei Beispiele lassen sich noch viele finden. Sie sind berühmt, weil sie aus berührenden Werken stammen. Mit ihnen misst sich Marie Wolf. Sie muss das Ergebnis ihrer Arbeit nicht verstecken. Mit ihrer sehr feinen Arbeit, ihrer gelungenen Parabel wird sie den Worten André Gides gerecht, die sie ihren Büchern vorangestellt hat: „Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben.“

Marie Wolf im Haus Dacheröden

Fotos: Uwe-Jens Igel

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