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Erfurter Herbstlese
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Mai 14 2019

Der Grafiker Rolf Escher zeigt ab Donnerstag eine Auswahl seiner Arbeiten

Das Sichtbare und das Unsichtbare

Katja Kemnitz vom Kultur: Haus Dacheröden bei den letzten Vorbereitungen für die Ausstellung.
Katja Kemnitz vom Kultur: Haus Dacheröden bei den letzten Vorbereitungen für die Ausstellung.

„Über das Vermessen der Erinnerungen“ heißt eine Ausstellung, die ab 17. Mai im Haus Dacheröden faszinierende Zeichnungen und Druckgrafiken versammelt. Ihr Schöpfer ist der Grafiker Rolf Escher. Birgit Kummer sprach wenige Tage vor der Vernissage mit dem international gefragten Künstler. Er arbeite vor dem Motiv, versuche das Sichtbare, aber auch das Unsichtbare in den Dingen zu erfassen, sagte ihr Escher. Und fügte hinzu: „Dann kann der Betrachter das alles weiterdenken, mit seiner Fantasie mischen, sich Geschichten dazu ausdenken".

 

Wie kommt Erfurt zu einer solchen Grafik-Schau?

 

Durch den Kunstkenner und Anwalt Eric Langer, der sich seit vielen Jahren für meine Arbeiten interessiert. Er fragte vor geraumer Zeit an, ob ich hier ausstellen könnte. Ich freue mich, dass das jetzt geklappt hat, Haus Dacheröden bietet wunderbare Räumlichkeiten dafür.

Ihre Arbeiten wurden in vielen europäischen Städten gezeigt und sind im Besitz zahlreicher öffentlicher Sammlungen. In Erfurt war eine Escher-Werkauswahl zuletzt vor 25 Jahren im Angermuseum zu sehen. Können Sie etwas anfangen mit der Stadt?

 

Erfurt ist eine Stadt, die mich immer wieder fasziniert und die so reich ist an historischen Bezügen. 1990 im Frühjahr kurz nach dem Mauerfall war es die erste Stadt in den neuen Bundesländern, die wir besuchten. Seither komme ich immer wieder. Besonders magisch ist für mich der Dom und dort speziell das Chorgestühl. Aber auch das Augustinerkloster und andere Orte begeistern mich.

 

Ihre Zeichnungen haben eines gemeinsam: Kaum ein Betrachter kann sich der Faszination entziehen, jeder kann mit diesen Bildern etwas anfangen. Was ist Ihr Geheimnis beim Zeichnen?

 

Ich arbeite vor dem Motiv, versuche das Sichtbare, aber auch das Unsichtbare in den Dingen zu erfassen. Dann kann der Betrachter das alles weiterdenken, mit seiner Fantasie mischen, sich Geschichten dazu ausdenken.

 

Daher auch Ihre Kontakte zu Schriftstellern?

 

Ja, Walter Jens hat damals Texte zu meinen Zeichnungen geschrieben. Oder Günter Kunert, zu dem ich bis heute eine enge Verbindung habe.

 

Wie arbeiten Sie?

 

Mit großer Genauigkeit – nur dann offenbaren Motive auch unerwartete Seiten. Mit Lust. Und mit Neugier, ich bin gespannt wie am ersten Tag. Zuerst entstehen kleine Skizzen, die sich dann im Atelier in größere Zeichnungen oder Druckgrafiken verwandeln – dann stellt sich heraus, ob in den Motiven noch mehr steckt als das, was ich am Anfang gesehen habe.

 

Wissen Sie noch, wann Sie erkannt haben, dass Sie ein sehr besonderes Talent besitzen?

 

In der Schule, ich war noch keine 14. Ich wollte durch Zeichnungen die Dinge zum Sprechen bringen. Am Gymnasium förderte mich mein Kunstlehrer nach Kräften, später studierte ich Kunst in Düsseldorf.

 

Gehen Sie durch Städte wie Venedig und suchen nach morbiden, vergänglichen Plätzen, die Sie festhalten wollen?

 

Das ist ganz gut beschrieben. In Venedig war ich schon sehr oft, ich bin meist früh am Morgen in der Stadt unterwegs, wenn die Touristen noch schlafen. Venedig ist ein Füllhorn, eine Stadt, die einem immer etwas zu sagen hat.

 

Sie fangen Motive und Momente ein und gießen sie in Bilder. Der Betrachter hat das Gefühl, mit Ihnen durch Raum und Zeit zu gehen.

 

Man lernt einen Raum und seine Geschichte nirgends so gut kennen wie beim Zeichnen. Man entdeckt ein Motiv, das einen dann stunden-, tage- oder wochenlang beschäftigt. Das Schöne an der Realität ist: Man muss sich Mühe geben, sie zu erfassen und sich nicht mit der ersten Impression zufriedengeben.

 

Wo kann man Sie treffen, wenn Sie nicht in Venedig sind?

 

Ich bin oft in deutschen Städten unterwegs. Ich liebe auch Paris und dort besonders die alte Bibliotheque Nationale. In den letzten Jahren habe ich Rom für mich entdeckt, jenseits des Trubels gibt es auch dort unglaublich inspirierende Orte.

 

Haben Sie Stift und Skizzenbuch auch mit jetzt 82 Jahren immer dabei?

 

Immer.

 

Was bringen Sie ins Haus Dacheröden mit?

 

Einen Querschnitt der Arbeiten, die seit der Ausstellung im Angermuseum entstanden sind. Und 40 neue Blätter zum Thema Rom.

 

 

Vernissage in Anwesenheit des Künstlers: 16. Mai ,19 Uhr. Am 18. Juni findet ein Künstlergespräch statt. Bis 20. Juli ist die Ausstellung im Haus Dacheröden am Anger 37 zu sehen.

 

Dieser Artikel erschien zuerst in der "Erfurter Allgemeinen".

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