Marion Brasch stellt ihr kleines feines Buch „Lieber woanders“ vor
Eine echt erfundene Geschichte
Von Sigurd Schwager
Dauerhaft und sehr erfreulich darf man die Beziehung nennen, die der Herbstlese-Verein und Marion Brasch seit Jahren pflegen. Ihre ersten drei Bücher „Ab jetzt ist Ruhe“, „Wunderlich fährt nach Norden“ und „Die irrtümlichen Abenteuer des Herrn Godot“ hat die Berlinerin in Erfurt vorgestellt, ebenso den wunderbaren Theaterabend „Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin“ für ihren berühmten Bruder Thomas. Nicht zu vergessen: Sie moderiert den Debütantensalon der Herbstlese.
So ist es denn das Gegenteil einer Überraschung, dass sie auch mit ihrem vierten Buch gern nach Thüringen kommt und im Kultur: Haus Dacheröden wieder für einen gefüllten Saal sorgt. Man hört und man sieht es: Das kräftig applaudierende Publikum empfängt den geschätzten Gast mit einer lebhaften Herzlichkeit, die weit über das Maß des Höflichen hinausgeht.
Marion Braschs jüngstes Werk „Lieber woanders“ ist ein kurzer Roman, eine lange Erzählung, handelnd von Alex und Toni. Jener Toni, der man schon in „Wunderlich fährt nach Norden“ begegnen konnte und die nun von der Neben- in die Hauptrolle wechselt. Mit dieser Figur, sagt die Autorin, sei sie noch nicht fertig gewesen.
Es gehört zu den Besonderheiten ihres Buches, dass sich in den Fortgang der Geschichte immer wieder erklärend eine Erzählinstanz einmischt. Selbiger gehört auch der Buch-Prolog, mit dem Marion Brasch die Erfurter Lesung eröffnet: „Der Plan ist ganz einfach: Da sind zwei Leute an verschiedenen Orten. In den nächsten vierundzwanzig Stunden werden sie sich aufeinander zubewegen, ob sie wollen oder nicht ...“ Eine unterhaltsame Stunde später schließt sich der Kreis. Genau wie im Buch gewährt die Autorin auch in ihrem Erfurter Vortrag der Erzählinstanz das letzte Wort: „... und überhaupt, wie sagte schon ein weiser Mann: ‚Alles in der Welt endet durch Zufall und Ermüdung.‘ Das ist in den echten Geschichten genauso wie in den erfundenen. Und die hier war eine echt erfundene.“
Echt Erfundenes über Zufälle, aus denen Schicksal wird, über Zwischenfälle, die sich als Wendestellen im Leben erweisen. Ein Buchkritiker hat es ganz gut auf den Punkt gebracht: Die Autorin erzähle ihre Geschichte über Zufall, Schuld und Versagen mit leichter Hand, ohne Vorwurf, mit Verständnis für die Irrwege der Liebe und des Lebens.
Marion Brasch, das weiß die geneigte Erfurter Leserschaft, kann nicht nur verdammt gut schreiben, sie ist auch eine mikrofonerfahrene Fachfrau der freien Rede in schöner und klarer Form. Mühelos wechselt sie vom Lesen ins hintersinnige Plaudern und wieder zurück zum Text.
Über ihre Buche-Pläne hat sie an diesem Abend nicht gesprochen. Aber wenn Nummer fünf erscheint, dann kommen wir alle wieder zur Lesung. Versprochen!
Marion Brasch im Kultur: Haus Dacheröden in Erfurt
Fotos: Uwe -Igel