Ingrid, Juliane und Ulf Annel im Ratsgymnasium
Trio museale
Über dreihundert Museen gibt es in Thüringen. Ein Erbe, das vor allem der Zersplitterung des Landes in früheren Jahrhunderten geschuldet ist. Ein jeder Fürst, und war seine Herrschaft noch so klein, hatte großes im Sinn: ein eigenes Orchester, eine Kunstsammlung, Schlösser und Parks und andere kostspielige Spielereien mehr, die von der Herrlichkeit seiner Regentschaft künden sollten.
Doch Thüringen brachte nicht nur vererbten Adel hervor, mit der Zeit wurde hier auch immer einmal wieder eine Geistesgröße geboren oder ansässig, deren Werk es zu Weltrang schaffte. Die Klassiker der deutschen Dichtkunst wären da zu nennen, aber auch Musiker wie die Familie Bach und Humanisten wie Salzmann und Fröbel, dessen Kindergarten als der Exportschlager Thüringens schlechthin gelten darf.
Dazu kommen noch Techniker wie Zeiss, Abbe oder Dreyse, dessen Zündnadelgewehr dem König von Preußen so viele Kriege gewinnen ließ, dass es für den Monarchen sogar zum Kaiser reichte. Und dann sind da noch alle diese Verrückten, die Dilettanten und sonst in der Regel harmlosen Spinner, die das Sammeln nicht lassen können.
All diese Tradition schafft eine einmalige museale Landschaft. Schwer ist es aus dieser Vielfalt eine Auswahl zu treffen; die Verärgerung der ungenannten Hüter ansehnlicher Schatzkammern ist da programmiert. Familie Annel war sich dieses Risikos wohl bewusst – und schritt dennoch mutig zur Tat. Herausgekommen ist dabei ihr Buch „111 Museen in Thüringen die man gesehen haben muss“.
Titel und Autoren kommen dem Leser höchst bekannt vor. Wie auch nicht, sind doch unter diesen Labeln bereits zwei Bücher erschienen; eins über Erfurt und eins über Weimar. Geplant war nun ein Kompendium über den Thüringer Wald, doch das hatte, wie Ulf Annel bei der Buchvorstellung in der Aula des Ratsgymnasiums erzählt, der Verlag schon an andere Autoren vergeben. Daher also die Museen. Da diese aber über das ganze Land verteilt sind, der Aufwand sich mit der Entfernung mindestens quadriert, wurde aus dem Autorenduo der ersten beiden Bücher für Nummer drei ein Trio museale. Vater Annel und Tochter und Fotografin Juliane nahmen noch Frau und Mutter Ingrid mit ins Boot.
So sitzen sie nun einträchtig zu dritt auf der Bühne und erzählen von ihren Erkundungen. Von den Museen für Hausschlachtung oder für die Bratwurst, von einem für Apotheken, die Braukunst, die Stockmacherei oder anderen exotisch-thüringischen Fertigkeiten. Im Zweifel ziehen die drei Annels diese Häuser den Marktführern in der Wissensvermittlung vor. Dazu waren sie darauf bedacht, für eine gewisse regionale Ausgewogenheit zu sorgen. Das eine oder andere Museum in Weimar, Erfurt oder Eisenach hatte es da schwer, ins Buch zu kommen. Einige von ihnen, durchaus angesehen und namhaft, schafften es dann auch nicht in die Top-111.
Die eigentlich eine Top-112 ist. Um die Parität zu sichern, einigten sich Herr und Frau Annel darauf, jeweils die Hälfte der Beiträge zu schreiben. So springt, gleichsam als Epilog, der Miniaturpark mini-a-thür in das Buch, sorgt für eine durch zwei teilbare Zahl an Beiträgen und rückt, ganz nebenbei, auch die Verhältnisse gerade: Ruhla, wo die Ausstellung mit all den sehenswerten Bauten des Landes in Kleinformat zu erleben ist, hat, was die Museumsdichte angeht, in Thüringen die Nase vorn. Sagen zumindest die Autoren.
Und wo steht es nun, das schönste Museum zwischen Südharz und Sonneberg? Darauf weiß jeder der Annels mindestens eine Antwort. Ingrid empfiehlt die Alte Synagoge in Erfurt, Juliane Trützschlers Milch- und Reklamemuseum in Hildburghausen sowie das Fernmeldemuseum zu Mühlhausen und Ulf wirft sich für das Deutsche Geflügelmuseum in Viernau ins Zeug, weil ihm der Enthusiasmus des Privatmanns und Gründers so sehr imponiert.
Einig ist man sich dann aber in einem: Die Thüringer Museumslandschaft hat mehr zu bieten, als gemeinhin bekannt sein dürfte. Deshalb kann es nach diesem Abend auch nur eine Schlussfolgerung geben – dieses Buch darf in keinem Thüringer Haushalt fehlen.
Ganz in Familie: Die Annels im Ratsgymnasium
Fotos: Holger John